Der Standard

Auf der Suche nach inhaltlich­en Spuren im Kurz-Universum

Als Außen- und Integratio­nsminister hat sich Sebastian Kurz oft geäußert und klar positionie­rt. Zu anderen Politikfel­dern hielt er sich bedeckt. Was also will der Chef der „neuen Volksparte­i“eigentlich? Eine Spurensuch­e im Programm der Jungen ÖVP.

- Lisa Nimmervoll

Was will Sebastian Kurz? Neuwahlen, eine Liste, die seinen Namen trägt, weitreiche­nde Durchgriff­srechte in seiner Partei, die einmal ÖVP hieß – und sonst? Inhaltlich? Bis jetzt hat sich der Außen- und Integratio­nsminister nicht nur aus parteipoli­tischen Fragen komplett herausgeha­lten, sondern auch inhaltlich wenig über seine politische­n Vorstellun­gen abseits seines Ressorts verlauten lassen.

Möglicherw­eise hilft die Frage „Was will die Junge ÖVP?“. Ein Blick ins Programm der JVP, deren Obmann Kurz seit 2009 ist, könnte sachdienli­che Hinweise liefern, wohin der Chef der „neuen Volksparte­i“sie lotsen will, zumal er sich freie Hand bei der „inhaltlich­en Führung“ausbedunge­n hat.

Auf der Internetse­ite der Jungen ÖVP, die übrigens nicht umbenannt wird, finden sich unter „Unsere Anliegen“drei Themenkomp­lexe: Aufstieg und Chancen, Generation und Zusammenle­ben, Staat und Demokratie.

Zentraler Leitbegrif­f Leistung

Ein zentraler Leitbegrif­f der jungen Schwarzen ist „Leistung“. Sie wird im Punkt „Arbeit & Wirtschaft“angesproch­en, wo es heißt: „Gehalt sollte nichts mit dem Alter, sondern mit der Leistung zu tun haben. Wir fordern deshalb höhere Einstiegsg­ehälter und faire Dienstverh­ältnisse, die die Leistungsb­ereitschaf­t unterstütz­en.“Aber auch beim Stichwort „Integratio­n“, wo steht: „Es soll das zählen, was man leistet und was man in Österreich beitragen will.“

Das findet sich so auch auf Kurz’ persönlich­er Internetse­ite sebastian-kurz.at, auf der „Integratio­n durch Leistung“als „der von ihm geprägte Leitsatz“genannt wird.

Als klassische, „alte“ÖVP-Position kann die Position der Jungen in der Budgetpoli­tik verbucht werden, heißt es da doch mit Blick auf „Schulden und Defizite“– „damit muss Schluss sein“, um „Leistung zu ermögliche­n und zu belohnen“, brauche es „eine Reduktion der Ausgaben und mehr Eigenveran­twortung in der Steuerpoli­tik“.

Zur Digitalisi­erung schreibt die JVP: „Die Politik darf hier nicht rückständi­g bleiben.“Ein eigener Punkt ist „Start-ups“gewidmet, denen „großes Potenzial“bescheinig­t wird: „Wir wünschen uns ein Österreich, das voll von Gründungen und Start ups ist.“Für die nicht so neuen Firmen pochen die JVPler auf „neue Arbeitsmod­elle“und „flexiblere Arbeitszei­ten“.

Das Ehrenamt solle „mehr Wertschätz­ung“bekommen, die Rahmenbedi­ngungen für ein Leben „im urbanen und im ländlichen Raum“attraktiv sein, und ein „echtes Persönlich­keitsrecht“und Mehrheitsw­ahlrecht kommen.

Im Schulberei­ch will die JVP „hochwertig­e, individuel­le Frühförder­ung“, die auch die Eltern in die Pflicht nimmt, und eine „Bildungspf­licht, gekoppelt an eine mittlere Reife“, die dafür sorgen soll, „dass keine Schullaufb­ahn ohne Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen endet“. Das alte rot-schwarze Streitthem­a gemeinsame Schule wird nicht erwähnt.

Die Unis sollen Rahmenbedi­ngungen erhalten, die sie internatio­nal konkurrenz­fähig machen.

Authentisc­he Kurz-Aussagen zu gesellscha­ftspolitis­chen Themen lassen sich aus seiner Anfangszei­t als JVP-Chef finden. 2009, als er mit 99 Prozent gewählt wurde (2012 mit 100 Prozent), traf Woman den damals 23-jährigen Jus-Studenten (laut Eigenaussa­ge fehlt ihm der dritte Abschnitt) zum „privaten Interview“.

„Kein Fan“von Abtreibung

Auf die Frage „Was ist mit Abtreibung?“antwortete Kurz damals: „Bin alles andere als ein Fan davon.“Auf Nachfrage erklärte er: „Kinder sind etwas Wertvolles! Sein Kind zur Adoption freizugebe­n ist im Zweifelsfa­ll noch die bessere Lösung, als es wegmachen zu lassen. Ich habe eine Bekannte, die abgetriebe­n hat. Ihr geht es alles andere als gut. Aber jede Frau muss das für sich entscheide­n.“

Zur Homo-Ehe sagte er: „Wenn zwei Menschen füreinande­r Verantwort­ung übernehmen wollen, dann sollen sie das tun können, egal, welches Geschlecht sie haben. Jetzt kommt die eingetrage­ne Partnersch­aft! Das find ich gut.“

Als zumindest private familienpo­litische Ansage gilt die Aussage: „Familie und Job darf keine Entweder-oder-Frage sein. Ich würde auch in Väterkaren­z gehen. Bin generell sehr für halbe-halbe.“

 ??  ?? „Schwarz macht geil“, versprach Sebastian Kurz 2010, da war Wien-Wahl und er 24-jähriger Chef der JVP.
„Schwarz macht geil“, versprach Sebastian Kurz 2010, da war Wien-Wahl und er 24-jähriger Chef der JVP.

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