SPÖ mit stärkerem Kanzlerbonus, aber schwächerem Atout
Die Genossen drücken derzeit mächtig auf die Tränendrüse: Der 50-jährige Arbeitslose, die alleinerziehende Schlechtverdienerin und all die anderen Unterprivilegierten drohten um soziale Segnungen umzufallen, weil Sebastian Kurz Neuwahlen anzettle. Das ist natürlich „Spin“, um der ÖVP den schwarzen Peter zuzuschieben. Denn so schlecht steht SPÖ-Chef Christian Kern nicht da, als dass er sich an die Regierung klammern müsste.
Nimmt man Umfragen ernst, dann ist der Kanzler nach dem ersten Regierungsjahr trotz aller Koalitionskonflikte bei Wählern immer noch gut angeschrieben. Wie sein schwarzer Herausforderer profitiert er davon, dass die Medien, einer selbsterfüllenden Prophezeiung gleich, ein Duell Kern gegen Kurz beschwören: Das drängt die Konkurrenz aus der Opposition in den Hintergrund.
Im Gegensatz zu Kurz hat Kern mit dem Plan A bereits ein inhaltliches Programm bei der Hand, mit widersprüchlichen Signalen aber auch schon mehr Angriffsflächen geboten: Ein vermeintlicher „Rechtsruck“in der Flüchtlingsund Europapolitik sorgte bei Linksliberalen für Irritationen.
Ein Handicap ist der Zustand der in Flügelkämpfen verstrickten Wiener Partei, zudem droht ein altes Atout verlorenzugehen: Seit die SP-Spitze eine Koalition mit der FPÖ als Option sieht, werden Warnungen vor Schwarz-Blau weniger Eindruck machen. (jo)