Künstlicher Stromengpass an deutscher Grenze fix
Ab Oktober 2018 wird der Stromhandel zwischen Deutschland und Österreich bei etwa der Hälfte des derzeitigen Spitzenwerts begrenzt. Die Belastung für Österreichs Verbraucher dürfte kleiner als befürchtet ausfallen.
Wien – Dass die gemeinsame Strompreiszone mit Deutschland eher früher als später Geschichte sein werde, stand seit längerem fest. Unklar war nur noch, wie groß der Engpass dimensioniert und wann genau er in Kraft treten würde. Das steht seit Montag fest.
Die deutschen und österreichischen Energieregulatoren haben sich in bilateralen Verhandlungen darauf verständigt, den derzeit unbegrenzten Handel mit 1. Oktober kommenden Jahres zu beschränken. Bei Langfristverträgen wird die Grenze bei 4900 Megawatt eingezogen, das entspricht etwa der Hälfte des österreichischen Verbrauchs zu Spitzenzeiten. Mehr kann nicht grenzüberschreitend gehandelt werden, außer es stehen kurzfristig Kapazitäten zu Verfügung.
„Wir haben letztlich ein gutes Ergebnis erzielt“, stellten die Geschäftsführer der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch und Andreas Eigenbauer, in einer Aussendung fest. „Der Stromhandel zwischen Deutschland und Österreich bleibt damit weitgehend im vom Markt benötigten Ausmaß offen.“
Zu Beginn der Verhandlungen mit Deutschland vor zwei Jahren standen noch 4500 Megawatt als Obergrenze im Raum. „Im Nachhinein war die Entscheidung richtig, nicht darauf einzugehen“, sagte Walter Boltz, der damals gemeinsam mit Martin Graf an der Spitze der E-Control stand. „Wir haben Zeit gewonnen und der Engpass ist weiter.“Damit sollte die Kostensteigerung für Haushalte und Industrie in überschaubarem Rahmen bleiben. In einer Simulationsrechnung sind Zusatzkosten von bis zu 300 Millionen Euro jährlich kalkuliert worden unter der Annahme, dass maximal 2500 Megawatt grenzüberschreitend gehandelt werden können. Mit den nun vereinbarten 4900 Megawatt an Langfristkapazitäten und noch einiges an kurzfristig möglichen Geschäften sollten die Zusatzkosten „unter 100 Millionen Euro“zu liegen kommen.
Weil Strom von Windkraftanlagen an Nord- und Ostsee auf dem Weg in den Süden wegen fehlender Leitungsverbindungen innerhalb Deutschlands regelmäßig den Umweg über Polen und Tschechien nahm, brachte das die dortigen Netze zum Glühen. Prag und Warschau forderten vehement die Einrichtung eines Eng- passes an der deutsch-österreichischen Grenze, um die Sogwirkung einzudämmen. Der Ausbau der Nord-Süd-Verbindungen verzögert sich, weil Kommunen in Bayern und Baden-Württemberg auf einer Verkabelung beharren, statt Freileitungen zu bauen.
In Österreich hat sich eine breite Allianz von Parteien, Industrie und Wirtschaftsverbänden gegen die Zerschlagung der gemeinsamen Strompreiszone mit Deutschland starkgemacht, musste sich aber letztlich der Macht des Faktischen beugen. Berlin hätte einer Auktionierung mitten in Deutschland zustimmen müssen, weil der Engpass de facto dort liegt. Das aber war illusorisch.
Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, Präsident von Österreichs Energie, bedauert die Trennung der Strompreiszone: „Dies dürfte aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen das beste noch zu erzielende Ergebnis sein.“