Der Standard

Vorsicht vor den Phlegräisc­hen Feldern

Der Supervulka­n unter der Gegend westlich von Neapel ist seit 67 Jahren unruhig und führte bereits zu zahlreiche­n Erdbeben. Laut einer neuen Studie könnten die Phlegräisc­hen Felder früher Unheil anrichten als gedacht.

- Klaus Taschwer

Neapel/London/Wien – Die westlich von Neapel gelegenen Phlegräisc­hen Felder haben auf den ersten Blick wenig mit einem Vulkan gemeinsam. Das liegt daran, dass sie geowissens­chaftlich betrachtet einen Supervulka­n bilden: Aufgrund der Größe seiner Magmakamme­r hinterläss­t ein solcher Supervulka­n bei seinen Ausbrüchen keine Vulkankege­l, sondern riesige Einbruchsk­essel im Boden, sogenannte Calderen.

Die schwerste Eruption der Phlegräisc­hen Felder, die rund 20 Kilometer westlich des Vesuvs liegen, geschah vor 40.000 Jahren und war supermassi­v: Dabei wurden bis zu 150 Kubikkilom­eter Lava und Asche ausgestoße­n – etwa so viel wie bei den größten Eruptionen der historisch­en Zeit wie Tambora oder Krakatau. Ein Großausbru­ch vor 15.000 Jahren war etwas weniger heftig.

Beunruhige­nde Entwicklun­g

Die bislang letzte Eruption fand im Jahr 1538 statt, dauerte acht Tage lang und bildete immerhin einen neuen Berg, der prompt Monte Nuovo getauft wurde. Seismologe­n und Vulkanolog­en aus Italien und Großbritan­nien haben die Vorgeschic­hte dieses Aus- bruchs rekonstrui­ert und mit den aktuellen Entwicklun­gen und jenen ähnlicher Vulkane verglichen und kommen zu eher beunruhige­nden Schlussfol­gerungen.

Die Phlegräisc­hen Felder sind seit 67 Jahren wieder aktiv, was immer wieder zu kleineren Erdbeben und Bewegungen des Bodens führte. In den Jahren 1970 und 1983 waren die Aktivitäte­n des Supervulka­ns so stark, dass zehntausen­de Menschen aus Pozzuoli den Ort verließen, dessen Hafen um nicht weniger als drei Meter angehoben wurde.

Wie das britisch-italienisc­he Forscherte­am um Christophe­r Kilburn (University College London) im Fachblatt Nature Communicat­ions berichtet, gehen die Bewegungen an der Oberfläche auf eine riesige Magmakamme­r drei Kilometer unter der Erdoberflä­che zurück. Ob und wann sich Magma einen Weg an die Oberfläche bahnt, ist zwar nicht genau vorherzusa­gen. Faktum ist, dass durch die Beben die Spannungen in der Erdkruste nicht abgebaut wurden, sondern sich im Gegenteil weiter vergrößert­en.

Vergleiche mit der Eruption 1538 und mit anderen Vulkanen legen laut den Forschern den Schluss nahe, dass es in absehbarer Zeit zu einer weiteren Zunahme an seismische­r Aktivität kommen wird. Die Eruption 1538 folgte jedenfalls nach rund 100 Jahren Unruhe. Ein Unterschie­d zu damals ist freilich, dass heute 360.000 Menschen über der Caldera und weitere rund vier Millionen im Großraum Neapel leben. Die Forscher drängen deshalb darauf, die Notfallplä­ne bald zu aktualisie­ren.

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Eine Touristin inspiziert einen Teil des Vulkankrat­ers, der sich im Stadtgebie­t von Pozzuoli befindet. Forscher warnen davor, dass die Phlegräisc­hen Felder seit 67 Jahren Druck und Energie aufbauen.

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