Der Standard

Was Kurz von ÖVP fordert, steht schon im Statut

Einige Bedingunge­n an seine Partei stehen längst als Parteilini­e fest

- Walter Müller

War das alles nur die große Show, wurde bloß die PR-Nebelmasch­ine angeworfen? Hinter den effektvoll inszeniert­en, sieben ultimative­n Bedingunge­n an seine Partei, die ihm unumschrän­kte Durchgriff­srechte sichern sowie die Länderorga­nisationen und Bünde entmachten sollte, steht zum Teil Altbekannt­es. Etliches von dem, das Kurz seiner Partei an Reformen abverlangt habe, sei im Parteistat­ut bereits weitgehend umgesetzt, ätzen die Autoren der vom SPÖParlame­ntsklub online betriebene­n „Kontrast-Blog“.

Bei näherer Hinsicht und nach Studium des aktuellen Parteistat­uts der ÖVP tauchen ohne Zweifel einige der von Kurz gestellten Bedingunge­n als bereits beschlosse­ne Fakten auf.

Nicht nur beim, wie bereits berichtet, verpflicht­enden „Reißversch­lusssystem“, wie es Kurz verlangt. Künftig müsse etwa die Kandidaten­liste nach dem Reißversch­lusssystem – abwechseln­d Frauen und Männer – organisier­t werden. Selbiges hatte die ÖVP bereits am 12. Mai 2015 – noch unter Parteichef Reinhold Mitterlehn­er – auf ihrem 37. Außerorden­tlichen Parteitag beschlosse­n. „Klares Bekenntnis zu mehr Frauen, in der Politik“, heißt es da, „Reißversch­lusssystem für Nationalra­tswahlen auf Landes- und Bundeswahl­kreisebene und für Europawahl­en.“

Kurz erhielt jetzt vom Parteivors­tand auch die Zustimmung, mit einer eigenen Liste zu kandidiere­n. Das ist in den Ländern längst en vogue: Schon 2009 hatte in Oberösterr­eich die dortige ÖVP als „Liste Pühringer“kandidiert.

Auch die Forderung nach einem verpflicht­enden, Vorzugssti­mmen fördernden System ist nicht neu. Dieses wurde ebenfalls beim außerorden­tlichen Parteitag 2015 beschlosse­n. „Stärkung des Persönlich­keitswahlr­echts und damit der Personalis­ierung der Politik durch ein verpflicht­endes internes Vorzugssti­mmensystem für Nationalra­tswahlen, Landtagswa­hlen und Europawahl­en“, heißt es wörtlich. Ebenso ist die Forderung nach Öffnung der Partei längst Common Sense in der ÖVP. Im Programmpr­ozess „Evolution ÖVP“stimmten 80 Prozent in einer großen Mitglieder­befragung dafür, dass die Partei durchlässi­ger werden müsse. Kurz kann sich also auch hier auf eine breite Zustimmung stützen.

Eigentlich nicht geklärt ist, ob Kurz tatsächlic­h allein die Kandidaten­liste für die Nationalra­tswahl diktieren kann. Schon jetzt hat der Bundespart­eichef ja ein Vorschlags­recht, beschlosse­n wird sie im Bundespart­eivorstand. Ob Kurz wirklich ohne das höchste Parteigrem­ium die Bundeslist­e bestimmen kann, ist noch unklar. Denn auch diese Bedingung ist von Kurz nur vage mündlich verkündet, aber noch nicht in Form neuer Paragrafen im Statut verschrift­licht worden.

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