Der Standard

„Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“

Aus den Bundesländ­ern kommen jetzt auch mahnende Worte. „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, sagt etwa der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhö­fer. Die Salzburger stehen auch voll hinter Kurz, machen aber sonst ihr eigenes Ding. Eine Umbenennun

- Walter Müller, Thomas Neuhold

Bei aller Euphorie um Sebastian Kurz, die seine Partei erfasst hat, will der steirische ÖVP-Obmann Hermann Schützenhö­fer doch auch ein wenig auf die Bremse steigen. „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, sagte Schützenhö­fer am Dienstag. Denn auch wenn große Aufbruchss­timmung in der ÖVP herrsche, dürfe nicht „das alte Dilemma“der ÖVP vergessen werden, wonach „alle paar Jahre Köpfe ausgetausc­ht worden sind“.

Da kam etwa „Django“Reinhold Mitterlehn­er, alle schauten begeistert auf die Meinungsum­fragen, und dann habe sich die Partei weiter unten in den Werten wiedergefu­nden. Er kenne seine Partei, sagte Schützenhö­fer, „in keiner Partei ist himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt so eng beieinande­r wie bei uns“.

Jetzt jedenfalls seien „gute Zeiten“angebroche­n, und die steirische ÖVP habe sie in ihren höchsten Landesgrem­ien einstimmig festgehalt­en: Die steirische Partei stehe geschlosse­n hinter Kurz als neuem ÖVP-Chef und Spitzenkan­didaten für die Nationalra­tswahl – und vor allem auch hinter dessen sieben Punkten seines Forderungs­kataloges.

„Mir war das ausdrückli­ch wichtig, weil das weitreiche­nde Systemände­rungen sind, die die ÖVP auf Bundeseben­e vornimmt“, sagte Schützenhö­fer. In all den Kontakten „mit den Bürgern“werde das Aufbrechen von Verkrustet­em als Befreiungs­schlag gewertet. „Wir gehen in eine neue Zeit“, sagte Schützenhö­fer.

Die sieben im Bundespart­eivorstand beschlosse­nen Forderunge­n würden jedenfalls „zeitnah und zeitgerech­t“im steirische­n Landesstat­ut umgesetzt. Ob allerdings der schon länger genannte 1. Juli als Termin für den Landespart­eitag halten wird, ist noch unklar.

Schützenhö­fer appelliert­e schließlic­h an die Spitzen von SPÖ und ÖVP im Bund, jetzt „nicht die Nerven zu schmeißen“. Die nächsten Monate sollten „mit Würde und Anstand“über die Bühne gebracht werden.

Vorbild Steiermark

Schützenhö­fer will den Bundespoli­tikern einmal mehr das „steirische Modell“der Zusammenar­beit von ÖVP und SPÖ ans Herz legen. Die Arbeit mit SPÖChef Michael Schickhofe­r in der Steiermark sei „recht gut, ja sehr gut“. Diese habe für ihn Zukunft, sagte Schützenhö­fer.

Der Vorarlberg­er Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) appelliert­e am Dienstag ebenfalls – zumindest an Bundeskanz­ler Christian Kern, dieser solle „Vernunft walten zu lassen“hinsichtli­ch seiner Drohung, sich im Parlament freie Mehrheiten zu suchen, wenn der designiert­e ÖVPChef Kurz nicht das Amt des Vizekanzle­rs übernehme. Aus Ländersich­t warne er vor einer „Kasino-Stimmung“im Parlament.

Unterstütz­ung für den KurzKurs kommt auch von der Salzburger ÖVP. Schon seit längerem blickten die Salzburger Parteistra­tegen ja ziemlich besorgt auf den Zustand der Bundespart­ei, man befürchtet­e, dass das negative Image auf die Salzburger Partei abfärben könnte und damit die Erfolgscha­ncen für die Landtagswa­hlen im Frühjahr 2018 geschmäler­t werden könnten. „Die Dachmarke ÖVP ist beschädigt“, sagte Landespart­eigeschäft­sführer Wolfgang Mayer schon vor einem Jahr.

Zur Untermauer­ung präsentier­te Mayer am Dienstag eine – nach wissenscha­ftlich-statistisc­hen Kriterien nicht repräsenta­tive – Umfrage unter rund 30.000 Funktionär­en und Mitglieder­n der Salzburger ÖVP. Auf die Frage „Zufriedenh­eit mit der Volksparte­i“hätten auf Landeseben­e 88 Prozent „zufrieden“angekreuzt. Die Bundeseben­e hingegen werde fast spiegelver­kehrt beurteilt, sagt Mayer. Hier wären 73 Prozent „nicht zufrieden“. Die Befragung wurde vor dem Umsturz an der Bundesspit­ze durchgefüh­rt.

Thematisch ist der Bund freilich für die Parteigäng­er gar nicht so wichtig, wie das die mediale Präsenz des Themas vermuten lässt: Neun Prozent reihten die Bundespoli­tik unter die wichtigen Themen. Zum Vergleich: 21 Prozent das Thema „Sicherheit“, 19 Prozent das Thema „Verkehr“.

Salzburger ÖVP bleibt ÖVP

Im Verhältnis zur Bundespart­ei dürfte sich für die Salzburger auch unter Kurz wenig ändern. Dass der Bundespart­eiobmann die Bundeslini­e thematisch wie personell vorgebe, findet Parteigesc­häftsführe­r Mayer richtig. Dies sei auch auf Landeseben­e so. Und dass der Bundesobma­nn bei der Landeslist­e für die Nationalra­tswahlen ein Vetorecht habe, werde in Salzburg bei der Listenerst­ellung für die Landtagswa­hlen zwischen den Bezirken und der Landespart­ei ja auch so gelebt.

Weiter reicht der Arm von Kurz in Salzburg nicht. Die Salzburger Landes-ÖVP ist im Gegensatz zu allen anderen Landespart­eien eine eigene Partei und hat beim Innenminis­terium ein eigenes Parteistat­ut hinterlegt. Eine Umbenennun­g werde es nicht geben: „Wir treten als Salzburger Volksparte­i bei den Wahlen an“, sagt Mayer. „Wir werden nicht die Neue ÖVP sein, wir haben auch gar keinen Anlass, etwas zu ändern.“Auch an Statutenän­derungen ist nicht gedacht. Und landespoli­tisch will sich in Salzburg von Wien ohnehin niemand etwas dreinreden lassen.

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Symbol der Macht: Der Steirer Hermann Schützenhö­fer schwingt den Taktstock, den ihm der Salzburger Wilfried Haslauer übergibt. Jetzt soll der Einfluss der ÖVP-Länder auf den Bund geringer werden.

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