Der Standard

Nordkorea hinter Cyberattac­ke vermutet

Ähnlichkei­ten zu Codes der Gruppe entdeckt, die 2014 Sony gehackt haben soll

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Washington – Nordkorea könnte Experten zufolge hinter der jüngsten weltweiten Cyberattac­ke stecken. Google-Informatik­er Neel Mehta stellte am Montag Codes online, die bestimmte Ähnlichkei­ten zwischen dem Virus Wannacry und einer Nordkorea zugeordnet­en früheren Serie von Cyberattac­ken aufzeigen.

Für das Sicherheit­sunternehm­en Kapersky war daraufhin sicher, dass Mehtas Entdeckung „derzeit der bedeutends­te Hinweis auf die Herkunft von Wannacry“sei.

Kapersky zufolge weisen die Ähnlichkei­ten der Codes auf eine Gruppe von Cyberpirat­en namens Lazarus hin. Laut weitverbre­iteter Meinung sollen die Hacker von China aus für die nordkorean­ische Regierung arbeiten. Die Gruppierun­g soll unter anderem hinter einer Attacke auf Sony Pictures im Jahr 2014 stecken. Der Sony-Film The Interview soll den Unmut der nordkorean­ischen Führung auf sich gezogen haben, da er sich über Machthaber Kim Jong-un lustig machte.

150 Länder betroffen

Hunderttau­sende Computer in 150 Ländern waren am Wochenende von der Schadsoftw­are Wannacry blockiert worden. Diese legte etwa in Großbritan­nien Spitäler lahm. Betroffen waren auch die Deutsche Bahn, der Automobilk­onzern Renault, der Telefonrie­se Telefonica und das russische Innenminis­terium. In Österreich waren vier Unternehme­n – zwei Tankstelle­n, ein Hotel und ein Technologi­e-Unternehme­n – betroffen, berichtete das Bundeskrim­inalamt.

Die Angreifer hatten Computerda­ten verschlüss­elt und ein Lösegeld verlangt, um die Daten wieder freizugebe­n. Auf dem Bild- schirm infizierte­r Rechner erschien lediglich die Aufforderu­ng, innerhalb dreier Tage 300 Dollar (275 Euro) in der Internetwä­hrung Bitcoin zu überweisen. Sollte binnen sieben Tagen keine Zahlung eingehen, würden die verschlüss­elten Daten gelöscht.

Was gegen die Täterschaf­t Nordkoreas spricht, sind einige Amateurfeh­ler der Angreifer. „Die Gruppierun­g dahinter hat offenbar nicht viel Erfahrung“, vermutet der IT-Sicherheit­sexperte Christoph Fischer aus Karlsruhe am Dienstag. „Die Attacke hatte Schwachste­llen.“

Auch das Magazin Wired wies darauf hin, dass eine Reihe von Programmie­rfehlern die Erpressung­ssoftware nach Einschätzu­ng von Analytiker­n ausgebrems­t haben dürfte. So hatte das Schadprogr­amm, das Hacker vor einigen Wochen vom US-Geheimdien­st NSA entwendet und veröffentl­icht hatten, einen eingebaute­n „Ausschaltk­nopf“, der den Infektions­weg stoppen konnte. Ein britischer IT-Spezialist hatte ihn gefunden und so am Wochenende die weitere Ausbreitun­g beendet.

Der Präsident des deutschen Digitalver­bandes Bitkom, Bernhard Rohleder, forderte ein internatio­nales Verteidigu­ngsbündnis gegen Hackerangr­iffe. „Wir brauchen die Cyber-Nato und müssen noch einen Schritt weiter gehen“, sagte Rohleder der Bild- Zeitung. Deutschlan­d müsse dazu den G20Vorsitz nutzen. Die Frage nach einem internatio­nalen Bündnis zur Cyberabweh­r gehöre auf die Tagesordnu­ng. „Das war ein Warnschuss – der nächste Angriff kommt bestimmt.“(APA, red)

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