Plastikmüllrekord im Südseeparadies
Henderson ist ein kleines, unbewohntes Atoll im Südpazifik und zählt zum Unesco-Weltnaturerbe. Wissenschafter haben erstmals den angeschwemmten Müll gezählt. Laut ihren Schätzungen handelt es sich im 17,6 Tonnen Plastik in 37,7 Millionen Einzelteilen.
Washington/Wien – Eigentlich hätte Henderson alle Voraussetzungen, um ein unberührtes Tier- und Pflanzenparadies zu sein: Das gerade einmal 37 Quadratkilometer kleine Atoll mitten im Südpazifik ist unbewohnt und liegt fernab aller Schiffsrouten. Deshalb hat man das Eiland, das zu den britisch verwalteten Pitcairninseln gehört, auch zum Naturreservat und 1988 zum Weltnaturerbe der Unesco erklärt.
Doch was Jennifer Lavers und Alexander Bond, beide Umweltwissenschafter von der britischen Royal Society for the Protection of Birds, im US-Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) über die aktuelle Umweltsituation auf Hender- son berichten, führt auf dramatische Weise vor Augen, dass die globale Plastikmülllawine längst auch eine so abgelegene Weltgegend erreicht hat.
Bis zu 4497 Teilchen pro m2
Die beiden Forscher sammelten auf der für Touristen nicht zugänglichen Insel in einem ersten Durchgang bei ihren Stichproben zwischen 21 und 672 Teile Müll pro Quadratmeter Sandstrand auf. Doch damit kratzten sie buchstäblich nur an der Oberfläche. In einem zweiten Durchgang nahmen sie nämlich auch die obersten zehn Zentimeter unter die Lupe beziehungsweise durchsiebten sie. Dadurch stieg die Anzahl der entdeckten Plastikmüllteilchen auf 53 bis 4497 Partikel pro Quadratmeter.
Laut den Schätzungen der beiden Forscher bestehen 99,8 Prozent des Mülls auf der Insel aus Plastik, über 60 Prozent ist weniger als fünf Millimeter klein und gehört deshalb zum sogenannten Mikroplastik. Ausgehend von ihren Stichproben ermittelten die beiden Forscher, dass gut 17,5 Tonnen Plastikmüll in Form von über 37 Millionen Einzelteilen auf der kleinen Insel verteilt sind. Wesentliche Teile des Müllbergs bestehen aus Plastiknetzen, -seilen und -schwimmern aus der Fische- rei, Plastiksäcken, aber auch leeren Flaschen von japanischem Suntory-Whisky.
Vermüllung ist noch größer
Die Schätzungen beträfen freilich nur die obersten zehn Zentimeter, so Lavers und Bond. Die Forscher konnten entsprechend nicht berücksichtigen, was sich darunter noch so alles angesammelt hat. Auch Plastikmüllteile, die kleiner als zwei Millimeter sind, fielen durch das Sieb. Die Vermüllung sei also augenscheinlich noch größer, doch auch die ermittelte Dichte an Plastikdreck sei unerreicht.
Für die beiden Umweltwissenschafter stellt Henderson freilich nur so etwas wie die Spitze des gigantischen globalen Plastikmüllberges dar: Am Ende ihres Artikels stellen sie die Müllmenge im Südseeparadies in Relation zur weiter auf Hochtouren laufenden Kunststoffproduktion. Die 17,7 Tonnen menschengemachter Müll entsprechen jener Menge Kunststoff, die heute in 1,98 Sekunden weltweit hergestellt werden.