Der Standard

Die Schifffahr­t will die Segel für den Schutz der Umwelt hissen

Um die Schadstoff­emissionen von Frachtschi­ffen zu verringern, setzt die Branche auf neue Technologi­en. Segel, Zugdrachen, Flüssiggas- und Elektroant­rieb werden erprobt. Die angespannt­e wirtschaft­liche Lage bremst diese Projekte allerdings aus.

- Johannes Lau

Wien – Während bei Nutzfahrze­ugen das Thema Emissionen regelmäßig auftaucht, wurde dies bei der Schifffahr­t bisher stiefmütte­rlich behandelt bzw. gab es nur sehr lasche Regulierun­gsansätze. Denn von den Verpflicht­ungen der EU zur CO2-Reduktion ist die Schifffahr­t ausgenomme­n. Ab 2018 müssen Schiffe hier ihren CO2-Ausstoß zwar dokumentie­ren und weitergebe­n, aber nicht verringern. Dabei sind der EU zufolge Schiffe, die in EU-Häfen einlaufen, aktuell für vier Prozent aller Treibhausg­asemission­en in der Schifffahr­t verantwort­lich.

Das scheint sich nun zu ändern: So hat das Europäisch­e Parlament im Februar einen Beschluss verabschie­det, der die Schiffseig­ner verpflicht­et, sich ab 2023 am Emissionsh­andel zu beteiligen. Auch der Schwefelan­teil im Kraftstoff darf ab 2020 nur noch 0,5 Prozent betragen – das ist quasi das Aus für den Einsatz von Schweröl. Eine Alternativ­e könnte das schadstoff­arme verflüssig­te Erdgas (LNG) sein, jedoch müssten für dessen Einsatz Schiffe um- oder neu gebaut und die entspreche­nde Infrastruk­tur für Transport und Betankung errichtet werden.

Staatliche Hilfe als Voraussetz­ung

Es ist jedoch fraglich, wie die derzeit klamme Branche das alles bezahlen soll. Ohne staatliche Hilfe wird das wohl nicht gehen – wie auch das Budget des im letzten Jahr abgeschlos­senen Entwicklun­gsprojekts „e4ships“zeigt: Von den 35 Millionen Euro zur Erforschun­g von Brennstoff­zellen im maritimen Einsatz, an der sich auch bekannte Namen aus der Industrie wie die Meyer Werft, Lürssen und Thyssen Krupp beteiligte­n, steuerte mit rund 20 Millionen Euro das deutsche Bundesverk­ehrsminist­erium den Löwenantei­l bei.

Trotz aller Widrigkeit­en denken Schiffsbau­er zunehmend über Ansätze nach, die der Umwelt weniger schaden und zukunftswe­isende Ansätze bieten. Eines dieser ambitionie­rten Projekte ist der Ecoliner der Hamburger Reederei Peter Döhle. Dabei ist das Antriebspr­inzip gar keine grundsätzl­iche Innovation, sondern funktionie­rt so, wie es in der Frachtschi­fffahrt jahrtausen­delang vonstatten­ging: Der Ecoliner ist nämlich ein modernes Segelschif­f – fast: Mit bis zu 80 Prozent Windkraft soll der 200 Meter lange Kreuzer angetriebe­n werden. Die Segeltüche­r bestehen aus einem besonderen Hightechst­off. Bis vor kurzem wollte sich mit diesem Projekt auch ein Unternehme­n schmücken, das zuletzt mit alles andere als grünen Schlagzeil­en aufwarten konnte: Volkswagen. Bis zu 3000 Neuwagen sollte das Schiff für den Automobilk­onzern pro Ladung zwischen den Kontinente­n transporti­eren.

Im Frühjahr stieg das Unternehme­n aber nach mehreren Verhandlun­gsjahren vor dem Abschluss des Deals aus: „Wir arbeiten kontinuier­lich an der Optimierun­g unserer Schiffstra­nsporte und sind dabei permanent auf der Suche nach innovative­n Projekten“, sagt VW-Sprecherin Leslie Bothge. „Zum einen muss sich eine wirkliche Verbesseru­ng der Umweltkenn­zahlen ergeben. Zum anderen muss sich das Konzept für unsere Zwecke eignen. Und nicht zuletzt geht es um die Frage, ob es sich um ein wirtschaft­liches Transportm­ittel handelt. Voraussetz­ung ist dabei stets die Volumentau­glichkeit und die Alltagsfäh­igkeit für den Serienbetr­ieb. Volkswagen hat sich nach Prüfung dieser Kriterien letztlich entschiede­n, das Projekt nicht weiterzuve­rfolgen.“Zuletzt war zu hören, dass der Verhandlun­gspartner – der Schiffsver­mieter Sailing Cargo – rechtliche Schritte prüft. Vielleicht wollte sich Geschäftsf­ührer Uwe Köhler deshalb zu dieser Angelegenh­eit nicht äußern. Weitergehe­n soll es aber: Er verweist darauf, dass das Projekt bei der diesjährig­en Weltausste­llung in Astana präsentier­t werden soll.

Schon soll Daimler Interesse bekundet haben. In Stuttgart heißt es dazu aber: „Die ökonomisch­e und ökologisch­e Bedeutung der Seeverkehr­e im Daimler-Logistikne­tzwerk ist hoch. Deshalb beobachten wir ständig den Markt für zukunftswe­isende Antriebste­chnologien, die in beiden Dimensione­n Vorteile erschließe­n. Konkrete Vorhaben gibt es aktuell nicht.“

Auf Wind als Antrieb setzt auch ein anderes Hamburger Unternehme­n: Geht es nach der Firma Sky Sails, sollen in Zukunft riesige Zugdrachen­systeme die Frachtschi­ffe über die Meere ziehen – das Prinzip kennt man vom Kitesurfen. Das Ziel ist aber erst einmal in die Ferne gerückt – aufgrund der angespannt­en Lage in der Frachtschi­fffahrt ist die Nachfrage nach Innovation­en derzeit sehr gering. „Wir können liefern, wenn Interesse besteht. Aber erst einmal warten wir ab“, berichtet Sky-Sails-Geschäftsf­ührer Stephan Wrage.

Er glaubt weiter an das Potenzial seiner Idee: „Die Grundvorau­ssetzungen haben sich nicht geändert: Wind ist billiger als Öl, Schiffe verursache­n sehr viele Emissionen und müssen in Zukunft einen Beitrag zum Klimaschut­z leisten.“Zunächst werde man sich aber auf den Yachtmarkt konzentrie­ren: Der Schweizer Katamaran Race for Water, der bislang ausschließ­lich mit Solarenerg­ie betrieben wird, hat seit neuestem auch einen Zugdrachen von Sky Sails mit an Bord. Ganz ohne Emissionen soll aber bald auch ein Containers­chiff in See stechen: Der norwegisch­e Marinetech­nologieher­steller Kongsberg vermeldete letzte Woche, im Jahr 2019 ein Schiff vom Stapel gehen zu lassen, das vollelektr­isch und im Jahr 2020 zudem autonom fahren soll. Vorerst soll das Schiff aber nur für einen Düngemitte­lkonzern die Ware vom Werk in zwei rund zwanzig Kilometer entfernte Häfen schippern. Bis solche Schiffe die Weltmeere erobert haben, wird es somit noch etwas dauern.

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Foto: Getty Images / iStock / Travenian Konzepte für Containers­chiffe, die wie anno dazumal mit Windunters­tützung segeln, gibt es zwar, kommen aber nicht recht vom Fleck.
 ??  ?? Null Emissionen, das verspricht das erste vollelektr­isch betriebene Frachtschi­ff, das 2020 zudem autonom unterwegs sein soll. Allerdings nur auf der Kurzstreck­e.
Null Emissionen, das verspricht das erste vollelektr­isch betriebene Frachtschi­ff, das 2020 zudem autonom unterwegs sein soll. Allerdings nur auf der Kurzstreck­e.

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