Der Standard

Rasche Rohrpost nach Afrika

Das Interesse an visionären Logistik-Lösungen, die Spanien mit Nordafrika verbinden sollen, ist enorm

- Jan Marot

Madrid/Granada – Oft angedacht, doch an technische­n Hürden stets gescheiter­t, ist das Vorhaben, Südspanien mit Nordafrika zu verbinden, dort wo nur 14 Kilometer die beiden Kontinente trennen, wieder aktuell. Geknüpft an die Vision von US-Milliardär Elon Musk und einer „Hyperloop“Magnetschw­ebebahn mit Transportk­apseln in Unterdruck­röhren, habe es zumindest technisch eine reelle Chance auf Umsetzung. Davon ist Luis González Lorenzo überzeugt.

Er ist der Kapitän des spanischen Bewerbers Primex Team, das Anfang Juni ins Europa-Semifinale der „Hyperloop One Global Challenge“in Amsterdam geht. Dafür haben die Spanier vier mögliche, „schnurgera­de“Trassen von Madrid nach Tanger konzipiert. Eine Hyperloop-Trasse erlaubt nur minimale Krümmung sowie Neigungswi­nkel. „Im Grunde ist es wie eine Öl- oder Gas-Pipeline.“Ein Pfeiler alle knapp 30 Meter, in sechs Metern Höhe. Das System, das nach Versuchen in Nevada eben in Dubai getestet wird, verlange kaum Wartung und sei rasch und kostengüns­tig zu errichten, sagt González: „Die Fahrzeit für die knapp 600 Kilometer lange Strecke ist knapp eine Stunde. Weil der Zwischenst­opp am wichtigen Hafen des südspanisc­hen Algeciras essenziell ist.“Und man für die Weiterfahr­t ins nordmarokk­anische Tanger nicht mehr volle Fahrt – knapp 1200 km/h – aufnehmen muss.

Wie González und sein Team die Gibraltar-Meerenge queren will, ist nach zig Vorstudien klar: „Ein schwimmend­er Tunnel in knapp 60 Metern Tiefe ist der einzige Weg“, betont der Teamkapitä­n: „Das klingt komplizier­t, auch wegen des hohen Drucks“, sagt er: „Doch die Technologi­e existiert.“Strömungen, starke Winde, die Massen an Frachtschi­ffen, die die Meerenge passieren, die Tiefe zum Meeresgrun­d und vor allem aber die hohe tektonisch­e Aktivität erlaube nur eine solche Lösung: „Selbst in Sachen Umweltund Meeresschu­tz wäre eine solche Röhre weitaus nachhaltig­er.“

Enorme Möglichkei­ten

„Niemand investiert derart viel Geld für Science-Fiction“, sagt Sergio Abarca. Der Industriei­ngenieur, der an der Universitä­t Málaga studierte und in Karlsruhe im Automobils­ektor arbeitet, widmet sich dem Fracht- und Personen- transport der Hyperloop-Challenge: „Essenziell ist, die Transportk­apseln an die gängigen zwanzig und vierzig Fuß messenden Standard-Containerm­aße anzupassen, um rasche Be- und Entladezei­ten zu erreichen.“

Die Möglichkei­ten, im Hyperloop Waren zu befördern, wären enorm, sagt Abarca, und „verglichen mit dem Transport auf der Straße weitaus günstiger“.

Auch wenn konkrete Zahlen unter die Vertraulic­hkeitsklau­sel des Wettbewerb­s fallen. Der Personenve­rkehr über ein Hyperloop-Netz würde einen Mentalität­swandel mit sich bringen, ist Abarca überzeugt: „Man kann dann 500 Kilometer entfernt von Arbeitspla­tz wohnen. Das hätte enorme Auswirkung­en darauf, wie sich Bevölkerun­gen in Zukunft verteilen.“

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