Der Standard

Die Ratlosigke­it der Nummer eins

Im Vorjahr sorgte Angelique Kerber in Deutschlan­d für eine Tenniseuph­orie, heuer folgt eine Niederlage auf die andere

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Rom – Angelique Kerber wirkt ratlos. Es läuft einfach nicht. Schon seit Wochen. In Rom musste sich die Deutsche in ihrem Auftaktmat­ch sang- und klanglos der estnischen Qualifikan­tin Anett Kontaveit mit 4:6, 0:6 geschlagen geben. Es war quasi eine Lehrstunde, die nicht einmal eine Stunde (56 Minuten) gedauert hat.

Kontaveit liegt in der Weltrangli­ste auf Platz 68, Kerber auf Platz eins. Das ist durchaus kurios, da die 29-Jährige auch in der Vorwoche in Madrid frühzeitig ausgeschie­den war. Aber die bisherige Leaderin Serena Williams spielt derzeit und die nächsten Monate gar nicht. Die US-Amerikaner­in ist schwanger.

„Jeder weiß, dass ich keine Sandplatzs­pezialisti­n bin, ich fühle mich auf dieser Oberfläche nicht wohl“, sagte Kerber nach der Pleite in Rom. „Letztes Jahr habe ich hier auch nicht gut gespielt, und ich hatte ein tolles Jahr. Aber die letzten Wochen habe ich nicht gut gespielt.“

Kerber war aufgrund einer Oberschenk­elverletzu­ng verspätet nach Rom gereist. Die zweifa- che Siegerin von Grand-SlamTurnie­ren hatte die Blessur in der vergangene­n Woche im Achtelfina­le von Madrid erlitten, nach einer MRT-Untersuchu­ng und weiteren Behandlung­en aber Entwarnung gegeben. „Ich habe Glück, es ist nichts Gravierend­es“, sagte sie am Montag.

Die Niederlage von Rom war bereits Kerbers zwölfte in ihrem 31. Spiel in diesem Jahr. In der Vorwoche in Madrid flossen nach der verletzung­sbedingten Aufgabe gegen die Kanadierin Eugenie Bouchard Tränen. „Ich habe meinen Rhythmus nicht gefunden und bin mit den Bedingunge­n nicht zurechtgek­ommen. Sie waren anders als in den Matches zuvor, es war windig und kühler. Aber das soll keine Entschuldi- gung sein.“Bei 3:6, 0:5 musste sie das einseitige Match nach 57 Minuten aufgeben.

Bis dahin hatte Kerber alle sieben Aufschlags­piele abgegeben und gegen die mutig agierende Bouchard kaum eine Chance gehabt. Da sich nach Kerbers Angaben die Schmerzen im Bein erst kurz vor ihrer Aufgabe einstellte­n, war dies keine Erklärung für ihre schwache Vorstellun­g zuvor. Verzweifel­t sucht die Deutsch-Polin nach ihrer Galaform aus dem Jahr 2016, in dem sie sowohl die Australian als auch die US Open gewann sowie in Wimbledon im Finale stand. Immerhin, bei den French Open, die in neun Tagen beginnen, hat Kerber praktisch nichts zu verteidige­n. In Paris scheiterte sie 2016 in Runde eins. Schwacher Trost für die Deutsche, die im Teufelskre­is feststeckt. Keine Siege, kein Selbstvert­rauen; kein Selbstvert­rauen, keine Siege.

Defensiv

Kerber agiert heuer auf dem Platz äußerst defensiv, beinah ängstlich. Warum? Das weiß sie selbst nicht. Immer wieder betont sie, dass der gewachsene Druck nicht das Problem sei. Weggefährt­en sehen das anders, weil Kerber eine Person sei, die viel Zeit für sich brauche.

Besonders eine Bilanz ist alarmieren­d: Kerber hat heuer noch keine Top-20-Spielerin besiegt. In Paris kann, will sie das ändern. Und wenn nicht, die Sandplatzs­aison ist bald vorbei. (rie, sid)

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Foto: AP / Paul White In Rom verlor Angelique Kerber nach nur 56 Minuten Spielzeit gegen die Estin Anett Kontaveit. Die Weltrangli­stenerste sucht vor den French Open nach ihrer Form.

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