Temer geht zum Gegenangriff über
Brasiliens Präsident dementiert Verwicklung in Schmiergeldgeschäfte
– Wo andere schon längst aufgegeben hätten, macht er weiter: Brasiliens Präsident Michel Temer kämpft erbittert um den Machterhalt, obwohl er infolge abgehörter Gespräche und dubioser Geldkoffer unter massivem Druck steht. „Ich mache weiter an der Spitze dieser Regierung“, beharrte Temer nach neuen Enthüllungen um Schmiergeldzahlungen am Wochenende in Brasília. Er sprach von „manipulierten Beweisen“und forderte, dass der Oberste Gerichtshof die Ermittlungen gegen ihn aussetzt.
Gegen Temer ermittelt Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot. Der Verdacht: Behinderung der Justiz, Korruption, organisierte Kriminalität. Der Oberste Gerichtshof soll über eine Aussetzung der Ermittlungen am Mittwoch entscheiden.
Am Samstag hatte Temer Joesley Batista, Chef des weltgrößten Fleischkonzerns JBS, angegrif- fen. Dieser hatte Gespräche mit dem Präsidenten heimlich mitgeschnitten, Basis der aktuellen Vorwürfe der Justizbehörden. Die Aufnahmen sollen eine Verwicklung Temers in Schweigegeldzahlungen an den Ex-Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha belegen.
„Das perfekte Verbrechen“
Temer dementiert: Der Mitschnitt sei manipuliert, er habe keine Absprachen getroffen. Der unter Druck stehende Präsident wirft Batista vor, einen Skandal konstruiert zu haben, um sich durch Insiderhandel zu bereichern. Dessen Unternehmensgruppe habe am Tag vor Bekanntwerden des Skandals „eine Milliarde Dollar“gekauft. Am Donnerstag stürzte der Leitindex Bovespa dann um über zehn Prozent ab, auch der Real verlor massiv an Wert. Dadurch wurde der Kauf von Devisen wie des Dollars viel teurer als noch am Vortag.
Zudem sagte Temer, dass JBS am Tag vor den brisanten Veröffentlichungen massenhaft eigene Aktien verkauft habe; die Papiere verloren am Donnerstag ebenfalls stark an Wert. „Er hat das perfekte Verbrechen begangen“, wetterte Temer gegen Batista. Der Milliardär, dem auch der bekannte Flip-Flop-Hersteller Havaianas gehört, ist mittlerweile in seine Wahlheimat New York gereist.
Über Jahre waren Unternehmen wie JBS in Brasilien geradezu gezwungen, Schmiergelder zu zahlen, um bei Aufträgen zum Zug zu kommen.
Neben Temer droht auch noch großes Ungemach für die Vorgängerregierungen von Dilma Rousseff und Luiz Inácio Lula da Silva. JBS zahlte für seine kriminellen Handlungen und Korruptionsgeschäfte in einem Vergleich mit der Justiz rund 65 Millionen Euro. Batista kooperiert vollumfänglich. Allein in Schmiergeldgeschäfte mit JBS sollen die drei genannten Präsidenten, knapp 30 Senatoren und rund 180 Abgeordnete verwickelt sein. (dpa, AFP, red)