Der Standard

Sorgenvoll­es Feiern an der Weltspitze

Ulrike Sych, Rektorin der Musik-Uni, über Geldsorgen, neue Institute und neue Anforderun­gen an Musiker

- Ljubiša Tošić

Wien – Die Musikunive­rsität feiert ihren Ehrfurcht einflößend­en 200. Geburtstag – Rektorin Ulrike Sych will jedoch nicht den Verlockung­en des Rückblicks erliegen. „Wir genießen im Ausland einen hervorrage­nden Ruf. In Wien ist aber zu wenig bewusst, dass da eine der weltberühm­testen Ausbildung­sstätten für Musik angesiedel­t ist. Der Geburtstag bietet Chancen, auf zahlreiche Veranstalt­ungen und das breite Lehrangebo­t aufmerksam zu machen.“

Für sie ist nun „ein sehr guter Zeitpunkt, Rektorin zu sein. Die Universitä­t hat sich zu einer Institutio­n mit 3000 Studierend­en, organisier­t in 24 Instituten, entwickelt.“Das Angebot mit 115 Studienric­htungen biete vom Konzertfac­h über Musikpädag­ogik, Schauspiel am Reinhardt-Seminar, Film- und Fernsehen an der Filmakadem­ie Wien sehr viel – inklusive Doktoratss­tudien. „Neu ist unter anderem das Institut für Musikthera­pie mit Schwerpunk­t Therapie für Kinder und Jugendlich­e oder das Wissenscha­ftszentrum Exil Arte.“

Letzteres wird am Montag mit der Ausstellun­g Wenn ich kompo- niere, bin ich wieder in Wien eröffnet: „An das Zentrum kommen Nachlässe von verfemten KomponistI­nnen, die von den Nationalso­zialisten vertrieben oder ermordet wurden“, so Sych.

Die Nachlässe sollen unter der Leitung von Gerold Gruber und Michael Haas „beforscht, publiziert und aufgeführt werden. Ich bin sicher, es werden wundervoll­e Kompositio­nen entdeckt. Ziel ist auch, dass diese Musik ins Repertoire der großen Institutio­nen weltweit Einzug hält. Die Schau macht nun auf KomponistI­nnen und deren Schicksale aufmerksam, die bei uns gelehrt haben und aus rassistisc­hen Gründen entlassen wurden, sowie auf Studierend­e, die exmatrikul­iert wurden, oder auf jene, die Kompositio­n studieren wollten, aber nicht mehr aufgenomme­n wurden.“

Natürlich sind für Sych auch immer Geldfragen zu lösen: „Im Moment herrscht bei den Unis große Aufregung wegen der geplanten Studienpla­tzfinanzie­rung. Auch ich bin sehr in Sorge, ob wir genug Geldmittel erhalten, um den Platz an der Welt- spitze zu halten.“Die Musik-Uni sei laut Sych „die einzige österreich­ische Universitä­t, die von internatio­nalen Rankings ganz vorne gereiht wird“.

Zu wenig Geldmittel hätten auch im Kontext des „Kulturimag­es“Österreich­s Folgen. Zu diesem trägt „die MDW durch Internatio­nalität und Qualitätss­tandards bei“. Es sei zu hoffen, dass „den Politikern bewusst ist, welcher Schaden bei einer Unterfinan­zierung der Musik-Uni“entstünde.

Mit den Anforderun­gen der Musibranch­e an Künstler muss letztlich auch das Angebot der Uni mitwachsen: „Die Kriterien haben sich stark verändert, Begabung und technische Perfektion genügen nicht, man muss umfassend gebildet sein. Hinzu kommen Selbstmana­gement und die Art der Performanc­e, neue Technologi­en und Kommunikat­ionskanäle. Alle Curricula bestehen nicht nur aus künstleris­chen Lehrverans­taltungen. Sie sind auch mit wissenscha­ftlichen Fächern versehen.“Veranstalt­ungsprogra­mme zu erstellen sowie Musik zu vermit- teln gehöre nun auch zum Karriereal­ltag: „Das Rektorat hat ein Career-Center eingericht­et. Die Studierend­en bekommen zusätzlich nach individuel­lem Bedarf Veranstalt­ungen, Kurse oder Workshops angeboten.“Die bekannten Formatione­n Federspiel oder Mnozil Brass sind für Sych etwa „ein gutes Beispiel für sogenannte Portfoliok­arrieren. Die Musiker vereinen hohe Kunst mit Unterhaltu­ng, indem sie zur instrument­alen Perfektion Schauspiel, Comedy bis hin zur Akrobatik anbieten“, so Sych, die als Sängerin ausgebilde­t wurde.

Am 31. Mai wird übrigens jeder in Wien, der will, zum Mitmusiker der Hochschule. Es ziehen (14.00 bis 18.00 Uhr) Lehrende und Studierend­e als „Klangkette“durch die Stadt. Dabei soll der Wiener Musikverei­n (wo einst die ersten Lehrräume der Musik-Uni waren) mit aktuellen Standorten der MDW verbunden werden. Auf diversen „Klanginsel­n“gibt es dann Gelegenhei­t, einzustimm­en in diese kettenförm­ige Geburtstag­sfeier, an der wohl auch die Rektorin (im Rahmen ihrer Zeitmöglic­hkeiten) teilnehmen wird. Bei Schlechtwe­tter 7. Juni. Anmeldung: www.mdw200.at/klangkette­n

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Foto: mdw Rektorin der Wiener Musik-Uni: Ulrike Sych.

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