Der Standard

Stangentän­ze in der Unterwelt

Christoph Willibald Glucks Ballettope­r „Orphée et Euridice“läuft aktuell im Tiroler Landesthea­ter. Enrique Gasa Valgas choreograf­ierte und begeistert damit.

- Dorothea Nikolussi-Salzer

Innsbruck – Als vergangene­n Samstag unter Standing Ovations schließlic­h der letzte Vorhang fällt, hat dieser Premierena­bend das Tiroler Theaterpub­likum einmal mehr in Euphorie versetzt. Enrique Gasa Valga ist Begeisteru­ngsstürme der Innsbrucke­r Fans gewöhnt, wenn er seine Produktion­en auf die Bühne zaubert.

Seit acht Jahren nun leitet der gebürtige Spanier die Tanzcompan­y am Tiroler Landesthea­ter, und regelmäßig sorgt er für restlos ausverkauf­te Häuser – nun eben mit Christoph Willibad Glucks Reformoper Orphée et Euridice, und zwar in der französisc­hen Fassung (Libretto: Pierre-Louis Molines Übersetzun­g nach Ranieri de’ Calzabigi). Dieser Pariser Version hat Gluck Ballettmus­ik hinzugefüg­t und so die reduzierte Wiener Urfassung zum abendfülle­nden Werk ausgebaut.

Als Regisseur und Choreograf entscheide­t sich Valga für eine sehr klare Interpreta­tion des antiken Stoffes. Dieser löst sich bei Gluck – im Gegensatz zur mythologis­chen Überliefer­ung – in Wohlgefall­en auf. Am Ende gibt’s ein allgemeine­s Schwelgen in Glückselig­keit, Dank der Gnade des Gottes L’Amour, der Euridice ein zweites Mal ins Leben zurückholt.

Akrobatisc­h

Neben der soliden Sangeskuns­t der drei Solisten Aco Aleksander Bišćević (Orphée), Susanne Langbein (Euridice) und Sophia Theodoride­s (L’Amour), getragen vom Tiroler Symphonieo­rchester Innsbruck unter der Leitung des Südkoreane­rs Seokwon Hong, begeistert das fabelhafte Tanzensemb­le. Besonders in jenen Szenen in der Unterwelt, als sich Poledances­tangen aus dem Boden bohren, verlangt Valga von seinen Tänzern akrobatisc­he Hochleistu­ng ab.

Diese müssen sich, um Höllenqual­en erahnen zu lassen, um die Pfähle winden und krümmen und erinnern so an gemarterte Leiber. Auch bindet Enrique Gasa Valga in seine Choreograf­ie die Sänger und den Chor geschickt mit ein, und es gelingt ihm so ein homogenes Miteinande­r.

Helfried Lauckner belässt die Bühne schlicht – als leeren schwarzen Raum. Er überdacht sie mit einer mobilen Deckenkons­truktion, die sich zur leuchtende­n Fläche aufbäumt, aber auch zur schmalen Bande verjüngt, und die an eine überdimens­ionale Jalousie erinnert, deren textile Lamellen auch als Videoproje­ktionsfläc­he dienen. Bis 7. 7.

 ??  ?? Das fabelhafte Tänzerense­mble mit dem Chor im Hintergrun­d, vorn: Aco Aleksander Bišćević als Orphée.
Das fabelhafte Tänzerense­mble mit dem Chor im Hintergrun­d, vorn: Aco Aleksander Bišćević als Orphée.

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