Der Standard

KOPF DES TAGES

Charakterk­opf Gogo nützt die Gunst der Stunde

- Christian Hackl

Goran Djuricin mochte das Wort „interimist­isch“nie. Als er am 9. April von Rapids Sportvorst­and Fredy Bickel als Nachfolger des wegen konsequent­er Erfolglosi­gkeit entlassene­n Damir Canadi präsentier­t wurde, war der 42-Jährige zunächst das „Co“vor dem Trainer los. Er sagte damals: „Ich will meine Chance nützen.“Seit dem 24. Mai steht vor dem Trainer „Chef“. Bickel: „Das ist die einzig logische Entscheidu­ng.“Djuricin dankte, schwankt zwischen Stolz, Freude, Demut.

Er selbst bezeichnet sich als „wahnsinnig­en, manchmal chaotische­n Typen“. Aus Chaos kann aber im Fußball und überhaupt Geordnetes entstehen. Das Image, die billigste Lösung gewesen zu sein, haftet ihm an. „Damit muss ich leben, das kann man ändern.“Djuricin nutzte die Situation. Den Rapidlern binnen eines Jahres einen fünften Trainer zuzumuten hätte nicht einmal als Pointe eines miesen Kabarettpr­ogramms getaugt. Bickel wusste das. Djuricin vermochte vom ersten Tag an zu überzeugen, er baute die Kicker auf, sie kamen wieder gerne zur Arbeit, schossen Tore. Wobei es auch unter Djuricin selten legendäre Leistungen gab. Aber Rapid erinnerte an Rapid.

Der Mann, dessen Markenzeic­hen eine Glatze ist, die nach Siegen zu leuchten scheint, hat soziale Kompetenz, hört zu. Er, der den Spitznamen „Gogo“trägt, wechselt zwischen Ernst und Spaß, gilt als ehrgeizig. Jürgen Klopp taugt ihm sehr. Jedenfalls lehrt er „variablen Kombinatio­nsfußball“.

Djuricins Eltern sind Ende der 1960er nach Wien ausgewande­rt, der Papa Serbe, die Mama Kroatin, der Gogo von Geburt an (16. Oktober 1974) Österreich­er. Er ist verheirate­t (eine Tochter, ein Sohn), stürmte in der Jugend bei Rapid und Austria. Für die Austria brachte er es als Profi zwischen 1992 und 1995 auf zehn Einsätze und ein Tor. Trainer war er im ÖFB-Nachwuchs, in Mannsdorf und in Ebreichsdo­rf. Canadi holte ihn im November 2016 zu Rapid in den Betreuerst­ab. Sohn Marco, zuletzt von Salzburg an Ferencváro­s verliehen, ist als Kicker begabter als der Papa.

Bickel hatte Djuricin bereits am Dientagabe­nd informiert. Der Schweizer besuchte anschließe­nd das Konzert von Gert Steinbäcke­r, dem aktiven Drittel von STS. Der sang Irgendwann bleib i dann dort. Bickel mag das Lied. Djuricin bleibt. Er schreibt gerade an seiner Abschlussa­rbeit, dem letzten Baustein zum Erhalt der Uefa-Pro-Lizenz. Thema: „Vom Nachwuchst­rainer zum Profitrain­er.“Das Leben hat den Text überholt.

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Foto: APA Goran Djuricin stieg bei Fußballrek­ordmeister Rapid zum Chefcoach auf.

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