Der Standard

Scheidung

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Der Mai gilt als Monat der Liebe. Nie heiraten mehr Paare als im Mai, die Bienen summen, die Blumen sind willig, alles neu soll auch für das eigene Leben gelten.

Perfiderwe­ise erscheint im selben Monat die österreich­ische Scheidungs­statistik. Die fiel heuer insofern positiv aus, als es einen Überhang an Eheschließ­ungen im Vergleich zu den Trennungen gegeben hat. Freunde der Scheidung, meist Juristen oder Zweitfraue­n und -männer, müssen dennoch nicht verzweifel­n. Mehr Eheschließ­ungen bedeuten schließlic­h mehr potenziell­e Scheidunge­n in der Zukunft.

Eine Scheidung beschreibt die juristisch­e Auflösung einer Ehe. Geschieden ist einer der vier Aggregatzu­stände des Beziehungs­lebens, neben ledig, verheirate­t oder verwitwet.

In der österreich­ischen Scheidungs­statistik des Jahres 2016 stach ein Fall besonders hervor. Nämlich ein Paar, das sich nach 64 Jahren das Neinwort gab. Das ist ungewöhnli­ch. Normalerwe­ise merkt man früher, dass man einen Fehler gemacht hat. Er war 84, sie 85. Immerhin kann man da nicht von einer überstürzt­en Entscheidu­ng sprechen. Zyniker meinten, da könnte demnächst ohnehin der Tod den Richterspr­uch sprechen, doch davon distanzier­en wir uns selbstvers­tändlich.

Das Beispiel zeigt aber, dass man sich nicht nur nach einer Nacht auseinande­rgelebt haben kann, sondern dass manche dafür tatsächlic­h ein ganzes Leben brauchen. Wobei nichts über die Länge eines möglichen Rosenkrieg­s bekannt ist. Vielleicht hat der schon am Tag der ersten Mondlandun­g begonnen? Am Tag der Ermordung des JFK?

Eine Scheidung ist also nicht automatisc­h schlecht. Gut, eine Beziehung ist gescheiter­t, aber es gibt natürlich glückliche Scheidunge­n, wenn jemand jemanden endlich los ist. Eine Trennung signalisie­rt einen Neubeginn. Vielleicht hat sich eine/r neu verliebt? Im Fall des nach 64 Jahren getrennten Paares wäre wohl eine Sonderform des Klimawande­ls verantwort­lich. Wie sonst soll man es deuten, wenn eine Frau oder ein Mann im Spätherbst des Lebens einen zweiten Frühling erlebt? Aber vergönnt sei es jedem. flu

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