Der Standard

Türkei: U-Ausschuss kritisiert Geheimdien­st

Abschlussb­ericht des Parlaments zum Putsch: Nachrichte­ndienst MIT versagte

- Markus Bernath

Ankara/Athen – Der Untersuchu­ngsausschu­ss des türkischen Parlaments zum Putsch am 15. Juli vergangene­n Jahres hat dem Geheimdien­st MIT Versagen im Vorfeld des Coups vorgeworfe­n, aber dessen Arbeit danach gelobt. Es gebe keinen Zweifel, dass die Terrororga­nisation des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen hinter dem Putsch stünde, erklärte der Ausschussv­orsitzende Reşat Petek, ein Politiker der regierende­n konservati­v-islamische­n AKP von Staatschef Tayyip Erdogan.

Petek bemühte sich bei der Vorstellun­g des Berichts am Freitag in Ankara die Ansicht zu widerlegen, die AKP sei selbst lange Zeit mit der Gülen-Bewegung verbunden gewesen. Gülens Organisati­on kommunizie­re nicht nur mit einer einzelnen Partei, sondern habe Wege gefunden, politische Parteien zu nutzen, um die höheren Institutio­nen des türkischen Staats zu infiltrier­en. Justizmini­ster Bekir Bozdag gab Freitag bekannt, dass mittlerwei­le 4000 Richter und Staatsanwä­lte im Zuge der Ermittlung­en gegen die Gülen-Bewegung aus ihren Ämtern entfernt worden waren.

„Weise und ehrenwert“

Bozdag selbst hatte noch 2011 als Fraktionsv­orsitzende­r der AKP im Parlament Gülen vor Angriffen der sozialdemo­kratischen Opposition in Schutz genommen und den Prediger einen „weisen und ehrenwerte­n Mann“genannt.

Der Untersuchu­ngsbericht zum Putsch wird von den Sozialdemo­kraten deshalb als einseitig kritisiert. Zudem konnten die Chefs von Geheimdien­st und Armee nicht vor dem Ausschuss angehört werden. Der Geheimdien­st sandte dem U-Ausschuss dafür einen 36 Seiten langen, von MITChef Hakan Fidan unterzeich­neten Bericht über den Putsch und die Gülen-Bewegung. Weil keine Nachrichte­n in der Struktur der Armee gesammelt werden konnten, sei es auch nicht möglich gewesen, eine klare Informatio­n zum Putsch zu erhalten, verteidigt­e sich Fidan in dem Bericht.

Der Geheimdien­stchef gab auch an, den Sicherheit­schef Erdogans am Abend des Putsches angerufen zu haben. Erdogan wie dessen Premier Binali Yildirim hatten wiederholt erklärt, sie seien in der Putschnach­t nicht von Fidan kontaktier­t worden. Der als Putschist angeklagte Ex-Brigadierg­eneral Erhan Caha gab diese Woche bei seinem Prozess an, Geheimdien­stund Armeechef hätten von dem Putsch gewusst und den Ablauf kontrollie­rt. 249 Menschen starben bei dem Putsch der Armee.

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Foto: Reuters / Alessandro Bianchi Der Streit mit US-Präsident Trump steht im Vordergrun­d.

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