Der Standard

Das Wahrzeiche­n von San Francisco feiert am Wochenende Geburtstag. weiß, warum sie nicht schwarz oder grau gestrichen ist, was sie mit Istanbul zu tun hat und welche Parallelen ihre Eröffnung mit einem Erlebnis von Donald Trump hat.

- Frank Hermann aus Washington

Es ist der Nebel, der berühmte, berüchtigt­e Nebel, mit etwas Glück ein fantastisc­hes Fotomotiv. Wer einmal auf den Hügeln am Golden Gate stand und zusah, wie die rot schimmernd­e Brücke komplett in milchigen Schwaden verschwind­et, bevor vielleicht irgendwann ein Pfeilerfra­gment daraus auftaucht, als ragte es aus den Wolken, der wird das Schauspiel so schnell nicht vergessen. Am Samstag wird die Golden Gate Bridge 80 Jahre alt, und es kann durchaus passieren, dass niemand sie in voller Schönheit zu Gesicht bekommt – sondern allenfalls in einem Meer aus Watte.

Die Brücke am Goldenen Tor, sie war mit 2737 Metern einmal die längste Hängebrück­e der Welt. Bis sie 1964 von der VerrazanoN­arrows Bridge in New York abgelöst wurde. Heute liegt sie nur noch auf dem neunten Platz der Rangliste. Die Schönste aber ist sie noch. Eine „Harfe aus Stahl“, wie Lokalrepor­ter schon am Tag ihrer Einweihung dichteten.

An durchschni­ttlichen Tagen, so viel zu den prosaische­n Fakten, fahren rund vierzigtau­send Autos über die Brücke. Wobei es am 17. Oktober 1989 viermal so viele waren, die Folge eines schweren Be- bens. Die Erdstöße hatten die Bay Bridge von San Francisco nach Oakland beschädigt, ausgerechn­et während eines Baseballsp­iels vor zehntausen­den Zuschauern, während die Golden Gate Bridge heil blieb, sodass der Verkehr über sie umgeleitet wurde.

An ihrem 50. Geburtstag hatte die Brücke den bislang härtesten Test zu bestehen. Dreihunder­ttausend Feiernde liefen zugleich übers Golden Gate, und die Fahrtrasse, sonst leicht nach oben gebogen, drückte sich, aus der Ferne erkennbar, bedrohlich durch.

Maler ständig im Einsatz

Dann wäre da noch die Frage, wie oft die Pfeiler und Seile aus Stahl gestrichen werden müssen, um der korrodiere­nden Wirkung der feuchtkalt­en Nebelbänke standzuhal­ten. Manche glaubten, dies passiere alle sieben Jahre, greift die Brückenver­waltung einen weitverbre­iteten Irrtum auf. Das sei genauso falsch wie die Annahme, dass man gleich von vorn beginne, sobald man einmal durch sei. In Wahrheit seien die Anstreiche­r ständig im Einsatz.

Apropos Farbe, das berühmte „Internatio­nal Orange“, das ins Rötliche gehende Orange. Ursprüngli­ch waren Schwarz oder Grau die Favoriten, dagegen aber protestier­te die Kriegsmari­ne, die ihre Schiffe bei schlechter Sicht gegen Pfeiler prallen sah. Die Idee eines gelb-schwarz gewürfelte­n Musters wurde wieder verworfen. Dass die Wahl auf „Internatio­nal Orange“fiel, hatte mit dem Ausgangsma­terial zu tun. In orangerote­n Tönen war der Stahl, zunächst nur vorgestric­hen, aus den Hochöfen Pennsylvan­ias transporti­ert worden. Letzten Endes gefiel es den Bauherren so gut, dass sie es dabei beließen.

Schließlic­h ist die Riesenharf­e auch ein Beispiel für den Sinn ambitionie­rter Großprojek­te in einer Krise. Im Januar 1933, beim Spatenstic­h, steckten die USA in der Großen Depression. Am 27. Mai 1937 war das Tal noch nicht durchschri­tten, umso mehr trug das Wunderwerk dazu bei, den angekratzt­en amerikanis­chen Optimismus neu zu beflügeln.

Golden Gate, der Name geht auf den Offizier John Fremont zurück. Beim Anblick der Meerenge musste er ans Goldene Horn in Istanbul denken, weshalb er dessen westliches Pendant Goldenes Tor nannte. 1846 war das, gut 70 Jahre bevor Joseph Strauss für den Bau einer Brücke zu werben begann.

Strauss’ erster Entwurf war so klobig, dass dieser durchfiel. Ihre Eleganz verdankt die Brücke zwei Fachleuten, die im Schatten des geltungssü­chtigen Chefs standen: Leon Moisseiff und Charles Ellis. Während Strauss ein Denkmal bekam, wurde Ellis bei der Premierenp­arty nicht einmal erwähnt.

Der Fall lässt an eine Schlüssele­pisode im Leben Donald Trumps denken. Als die Verrazano-Narrows Bridge eröffnet wurde, standen alle möglichen Amtsträger in der ersten Reihe, während der 85-jährige Chefingeni­eur, der aus der Schweiz stammende Othmar Ammann, keine Rolle spielte. Damals habe er sich geschworen, sich nie an den Rand drängen zu lassen, erzählte Trump Jahre später. „Wenn du zulässt, dass dich die Leute behandeln, wie sie wollen, machst du dich zum Narren.“

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Vor 80 Jahren wurde die Golden Gate Bridge eröffnet. Die längste Hängebrück­e ist sie nicht mehr, aber noch immer eine der schönsten.

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