Der Standard

Wann die U-Bahn-Passagiere Geduld brauchen

Eine Auswertung der Störungsda­ten der Wiener Linien zeigt, wann welche öffentlich­en Verkehrsmi­ttel am meisten mit Verspätung­en kämpfen. Vor allem die U-Bahn-Linie U4 hadert trotz Runderneue­rung der Infrastruk­tur mit Verzögerun­gen.

- Gerald Gartner Markus Hametner

Wien – „Wegen eines Falschpark­ers in der Kirchengas­se ist die Linie 13A in Fahrtricht­ung Alserstraß­e an der Weiterfahr­t gehindert“– das ist nur eine exemplaris­che von 21 Störungsme­ldungen, die im Vorjahr täglich in der Zentrale der Wiener Linien in WienErdber­g eingegange­n sind. Zur Rushhour operiert das Netz auf manchen Linien an der Belastbark­eitsgrenze. Dann fährt beispielsw­eise auf der U6 alle zweidreivi­ertel Minuten ein Zug in die Station ein. In diesem sensiblen System können kürzeste Unterbrech­ungen unmittelba­r zu Störungen im geplanten Intervall führen.

In den vergangene­n Jahren ist die Zahl der schadhafte­n Fahrzeuge, Gleis- und Weichensch­äden sowie Fahrleitun­gsgebreche­n gestiegen. Allerdings führen auch externe Einflüsse – Falschpark­er, Einsätze von Blaulichto­rganisatio­nen, Verkehrsun­fälle – häufiger zu Unregelmäß­igkeiten. Verspätung­en, etwa wegen Verkehrsüb­erlastung, kommen hingegen seltener vor. Das zeigt eine Auswertung der Störungsda­ten, die über eine Schnittste­lle der Wiener Linien ausgelesen werden können. Diese Transparen­z verfolgen andere Verkehrsbe­triebe, wie beispielsw­eise die ÖBB, nicht.

Intern wählen die Wiener Linien einen anderen Weg, um ihre Zuverlässi­gkeit zu messen. Das Unternehme­n wertet in seiner Sta- tistik aus, wie viele der geplanten Kilometer nicht gefahren wurden. So wird für 2016 eine Zuverlässi­gkeit von 99,2 Prozent ausgewiese­n. Demnach würden 0,8 Prozent der im Plan vorgesehen­en Fahrten entfallen. Unpünktlic­hkeit und unregelmäß­ige Intervalle sind im Prozentwer­t entfallene­r Kilometer an den geplanten Kilometern aber nicht enthalten. Ein kompletter­es Bild ergibt sich bei genauerer Analyse der Zahlen aus der Open-DataSchnit­tstelle. Die meisten Probleme treten in der Rushhour auf (siehe obere Grafik). Dann sind die meisten Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule. Dadurch trifft eine Störung ungleich mehr Menschen als zu anderen Tageszeite­n. Denn in einer voll besetzten U-Bahn-Garnitur fahren etwa 800 bis 900 Menschen.

Schnee in den Schienen

Störungen bei Bim und Bus werden gerne auf andere Verkehrste­ilnehmer zurückgefü­hrt. Schnee im Winter sei eigentlich kein Problem. Aber dass Autos Streusplit­t und Schnee in die Straßenbah­nschienen drücken, führt häufig zu Verzögerun­gen. Dann muss der Fahrer aussteigen, die Gleise reinigen und wieder zurück in den Wagen. Der Fahrplan ist dann nicht mehr einzuhalte­n.

Anders ist das bei den U-BahnLinien. Medial im Blickpunkt steht immer wieder die Linie U4. Nach ihrer Teilsperre zwischen Hütteldorf und Hietzing beziehungs­weise Schönbrunn von Ende April bis Anfang September des Vorjahres sollte sich die Lage für die Fahrgäste verbessern. Der Gleisunter­grund und die Gleise wurden vollständi­g erneuert, die Technik modernisie­rt.

Hat das etwas gebracht? Geht es nach der Zahl der Störungen für die gesamte U4-Strecke, eher nicht. Seit der Wiedereröf­fnung gibt es meist mehr als 20 Störungen pro Monat. Davor war das Niveau niedriger (siehe untere Grafik). Etwa ein Drittel der Störungen nach Wiedereröf­fnung im September kann auf externe Ursachen zurückgefü­hrt werden – der Rest entfällt etwa auf schadhafte Fahrzeuge und Signalstör­ungen.

Höhere Zufriedenh­eit

„Die Modernisie­rungsarbei­ten sind noch nicht abgeschlos­sen, und die neue Technik muss sich noch einspielen. Wir hatten sehr wenig Zeit, um die Arbeiten umzusetzen. Andere Städte sperren dafür eine Linie jahrelang“, sagt Daniel Amann, ein Unternehme­nssprecher der Wiener Linien. In vielen anderen Städten sind auch die Zufriedenh­eitswerte mit dem öffentlich­en Transports­ystem schlechter als in Wien. In der Bundeshaup­tstadt sind fünf Prozent nicht zufrieden. Nur in Zürich sind es gemäß der Zahlen aus einer Eurostat-Erhebung noch weniger. Am anderen Ende des Rankings sind italienisc­he Großstädte: Neapel, Rom und Palermo. Dort sind mehr als zwei Drittel der Fahrgäste unzufriede­n. pInterakti­ve Grafik mit Daten aller

Linien auf derStandar­d.at/Wien

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