Wann die U-Bahn-Passagiere Geduld brauchen
Eine Auswertung der Störungsdaten der Wiener Linien zeigt, wann welche öffentlichen Verkehrsmittel am meisten mit Verspätungen kämpfen. Vor allem die U-Bahn-Linie U4 hadert trotz Runderneuerung der Infrastruktur mit Verzögerungen.
Wien – „Wegen eines Falschparkers in der Kirchengasse ist die Linie 13A in Fahrtrichtung Alserstraße an der Weiterfahrt gehindert“– das ist nur eine exemplarische von 21 Störungsmeldungen, die im Vorjahr täglich in der Zentrale der Wiener Linien in WienErdberg eingegangen sind. Zur Rushhour operiert das Netz auf manchen Linien an der Belastbarkeitsgrenze. Dann fährt beispielsweise auf der U6 alle zweidreiviertel Minuten ein Zug in die Station ein. In diesem sensiblen System können kürzeste Unterbrechungen unmittelbar zu Störungen im geplanten Intervall führen.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der schadhaften Fahrzeuge, Gleis- und Weichenschäden sowie Fahrleitungsgebrechen gestiegen. Allerdings führen auch externe Einflüsse – Falschparker, Einsätze von Blaulichtorganisationen, Verkehrsunfälle – häufiger zu Unregelmäßigkeiten. Verspätungen, etwa wegen Verkehrsüberlastung, kommen hingegen seltener vor. Das zeigt eine Auswertung der Störungsdaten, die über eine Schnittstelle der Wiener Linien ausgelesen werden können. Diese Transparenz verfolgen andere Verkehrsbetriebe, wie beispielsweise die ÖBB, nicht.
Intern wählen die Wiener Linien einen anderen Weg, um ihre Zuverlässigkeit zu messen. Das Unternehmen wertet in seiner Sta- tistik aus, wie viele der geplanten Kilometer nicht gefahren wurden. So wird für 2016 eine Zuverlässigkeit von 99,2 Prozent ausgewiesen. Demnach würden 0,8 Prozent der im Plan vorgesehenen Fahrten entfallen. Unpünktlichkeit und unregelmäßige Intervalle sind im Prozentwert entfallener Kilometer an den geplanten Kilometern aber nicht enthalten. Ein kompletteres Bild ergibt sich bei genauerer Analyse der Zahlen aus der Open-DataSchnittstelle. Die meisten Probleme treten in der Rushhour auf (siehe obere Grafik). Dann sind die meisten Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule. Dadurch trifft eine Störung ungleich mehr Menschen als zu anderen Tageszeiten. Denn in einer voll besetzten U-Bahn-Garnitur fahren etwa 800 bis 900 Menschen.
Schnee in den Schienen
Störungen bei Bim und Bus werden gerne auf andere Verkehrsteilnehmer zurückgeführt. Schnee im Winter sei eigentlich kein Problem. Aber dass Autos Streusplitt und Schnee in die Straßenbahnschienen drücken, führt häufig zu Verzögerungen. Dann muss der Fahrer aussteigen, die Gleise reinigen und wieder zurück in den Wagen. Der Fahrplan ist dann nicht mehr einzuhalten.
Anders ist das bei den U-BahnLinien. Medial im Blickpunkt steht immer wieder die Linie U4. Nach ihrer Teilsperre zwischen Hütteldorf und Hietzing beziehungsweise Schönbrunn von Ende April bis Anfang September des Vorjahres sollte sich die Lage für die Fahrgäste verbessern. Der Gleisuntergrund und die Gleise wurden vollständig erneuert, die Technik modernisiert.
Hat das etwas gebracht? Geht es nach der Zahl der Störungen für die gesamte U4-Strecke, eher nicht. Seit der Wiedereröffnung gibt es meist mehr als 20 Störungen pro Monat. Davor war das Niveau niedriger (siehe untere Grafik). Etwa ein Drittel der Störungen nach Wiedereröffnung im September kann auf externe Ursachen zurückgeführt werden – der Rest entfällt etwa auf schadhafte Fahrzeuge und Signalstörungen.
Höhere Zufriedenheit
„Die Modernisierungsarbeiten sind noch nicht abgeschlossen, und die neue Technik muss sich noch einspielen. Wir hatten sehr wenig Zeit, um die Arbeiten umzusetzen. Andere Städte sperren dafür eine Linie jahrelang“, sagt Daniel Amann, ein Unternehmenssprecher der Wiener Linien. In vielen anderen Städten sind auch die Zufriedenheitswerte mit dem öffentlichen Transportsystem schlechter als in Wien. In der Bundeshauptstadt sind fünf Prozent nicht zufrieden. Nur in Zürich sind es gemäß der Zahlen aus einer Eurostat-Erhebung noch weniger. Am anderen Ende des Rankings sind italienische Großstädte: Neapel, Rom und Palermo. Dort sind mehr als zwei Drittel der Fahrgäste unzufrieden. pInteraktive Grafik mit Daten aller
Linien auf derStandard.at/Wien