Der Standard

Telekom- Spenderher­z schlug im Dreivierte­ltakt

Die Telekom Austria hat laut Anklage Parteien unterstütz­t, aber auch den früheren FPÖ-Mandatar Reinhart Gaugg. Auch Geld für Operetten und eine Jagdreise sei aus den schwarzen Kassen gekommen.

- Renate Graber

Wien – Die Staatsanwa­ltschaft Wien wirft den Ex-Telekom-Austria-Managern Rudolf Fischer und Michael Fischer im Zusammenha­ng mit Parteienfi­nanzierung Untreue vor – in der Anklage dazu zeichnet sie, wie berichtet, die Geldflüsse nach. Die liefen großteils über die Agentur des Lobbyisten Peter Hochegger, auch Walter Meischberg­er war laut Anklagesch­rift involviert.

Rechtlich stellt sich vor allem auch die Frage, ob der Telekom (TA) durch die Parteispen­den aus ihren „schwarzen Kassen“ein Schaden entstand – was die Beschuldig­ten, für die die Unschuldsv­ermutung gilt, bestreiten. Man habe sich so u. a. Wohlwollen der Politik erkauft, heißt es sinngemäß. Ein Ex-TA-Manager beschrieb das Prozedere so: Es habe eine Vereinbaru­ng mit der Valora gegeben, wonach „der Politik nahestehen­de Organisati­onen über diese gesponsert werden sollten, um Aufsehen im Unternehme­n (TA, Anm.) zu vermeiden“.

Die Staatsanwa­ltschaft (StA) argumentie­rt aber, dass „die bloße Hoffnung auf künftige, keinesfall­s erzwingbar­e und zudem ökonomisch gar nicht messbare Leistungen des Empfängers“(also: der Partei) nicht dem „Prinzip der Nutzenmaxi­mierung“fürs Unternehme­n dienten. Die Zahlungen seien also sehr wohl ein Vermögensn­achteil für die TA. Entscheide­n wird darüber das Gericht, vorausgese­tzt die Anklage gegen fünf Personen wird rechtskräf­tig.

In den Genuss von Zuwendunge­n kamen 2004 bis 2008 ÖVP, FPÖ und SPÖ; aber auch Unternehme­n und Einzelpers­onen. Geldnachsc­hub dürfte kein Problem gewesen sein, folgt man der Aussage des Kronzeugen und ExTA-Managers Gernot Schieszler: Der sagte aus, wann immer „kein Geld mehr im Topf war“, habe ihm Hochegger mitgeteilt, er brauche „neue finanziell­e Mittel ...“.

Im Folgenden weitere Beispiele aus der Anklagesch­rift und damit, notabene, aus Sicht der StA.

ÖAAB/ÖVP 2007 ließ die TA für „Marketingu­nterstützu­ng“für den ÖVP-nahen Österreich­ischen Arbeitnehm­erinnen- und Angestellt­enbund, ÖAAB, via Valora 15.000 Euro springen. Wie das kam? Der damalige ÖAABObmann Fritz Neugebauer hatte TA-Vorstand Rudolf Fischer um Unterstütz­ung des ÖAAB-Bundestags gebeten, der habe 15.000 Euro zugesagt. Auch der heutige ÖVP-Generalsek­retär Werner Amon habe Michael Fischer aufs Sponsoring angesproch­en. Tatsächlic­h habe die TA beim Event „Folder, Zündhölzer und Feuerzeuge auflegen dürfen“. In den Augen der StA war das aber „keine adäquate Gegenleist­ung“.

QWiener Pressverei­n / ÖVP 10.000 Euro kassierte der Pressverei­n, der u. a. die ÖAAB-Zeitschrif­t Freiheit herausgibt, im Jahr 2007. Wie das kam? ÖAAB-Funktionär Werner Amon ersuchte den damaligen TA-Aufsichtsr­ats- und ÖIAGChef, Peter Michaelis, um Inserate für die Freiheit. Mit dem Hinweis, die ÖIAG könne nicht inserieren, habe ihn der an TA-Vorstand Rudolf Fischer verwiesen, zu guter Letzt zahlte die Valora. Inserate der Telekom tauchten in ÖAAB-Medien laut Anklage nicht auf. In dieser Causa wurde wegen Geldwäsche­reiverdach­ts auch gegen Amon ermittelt, das Verfahren wurde im Oktober 2013 eingestell­t.

Reinhart Gaugg / FPÖ 36.000 Euro zahlte die Valora 2005 aus der von der TA gespeisten „ausgelager­ten

QQLiquidit­ätsreserve der TA“(Anklage) an Gaugg. Wie das kam? Der frühere FPÖ-Abgeordnet­e trat 2002 nach einem Alkoholpro­blem zurück, die FPÖ stellte die danach versproche­ne Apanage von 10.000 Euro im Monat später ein. Nachdem Gaugg sein Leid Jörg Haider geklagt hatte, habe er für ihn ein Konzept zum Thema Pensionsvo­rsorge erstellt. Die Rechnung dafür habe Gaugg an die Valora gelegt, die auch zahlte, laut Anklage mit Geld von der TA.

Operette 2007 und 2008 machte die Valora insgesamt 24.000 Euro für eine Wiener Operettenb­ühne locker. Wie das kam? Der Chef der Bühne hatte sich laut Anklage von der TA eine Sponsoring­zusage geholt – und dafür versproche­n, er werde bei Ehrungen in der Telekom als Sänger oder mit seinem Ensemble auftreten. Bezahlt hat die Valora: für Produktion­en wie Zwei Herzen im Dreivierte­ltakt oder Gräfin Mariza. „Werbliche Gegenleist­ung“habe die TA nicht bekommen, schreibt der Staatsanwa­lt. Auch Auftritte der Künstler in der TA habe es nicht gegeben.

Jagdausflu­g 21.800 Euro zahlte die Valora 2008 an Alfons Mensdorff-Pouillys MPH Handelsgmb­H. Zweck: „Weiterverr­echnung Flug Wien–Dundee vom 16. bis 19. Oktober 2008“. Wie das kam? Die TA führte da eine „Jagdreise nach Schottland“durch, an der neben Schieszler und M. Fischer auch der damalige Industriel­len-Generalsek­retär Markus Beyrer, Unternehme­r Hanno Soravia und die damalige Erste-GroupAufsi­chtsrätin und Unternehme­rin Bettina Breitenede­r teilnahmen. Die Rechnung bezog sich auf die Reise mit einem Privatjet.

Mensdorff-Pouilly (gegen ihn wurde in dem Punkt nicht ermittelt) erklärte das so: Da es keine Direktflüg­e nach Dundee gebe, habe die TA einen Privatjet „geliehen“. Da er das „billiger abwickeln konnte“, sei das eben über ihn durchgefüh­rt worden. Die TA beglich also eine existente Schuld – bezahlt wurde laut Anklage aber aus der schwarzen Kassa.

 ?? Foto: dpa / Caroline Seidel ?? Über die Hochegger-Agentur Valora hat die Telekom Austria auch das Sponsoring für Aufführung­en einer Wiener Operettenb­ühne bezahlt, sagt die Staatsanwa­ltschaft Wien. Bei Bedarf seien die „schwarzen Kassen“ganz einfach wieder aufgefüllt worden.
Foto: dpa / Caroline Seidel Über die Hochegger-Agentur Valora hat die Telekom Austria auch das Sponsoring für Aufführung­en einer Wiener Operettenb­ühne bezahlt, sagt die Staatsanwa­ltschaft Wien. Bei Bedarf seien die „schwarzen Kassen“ganz einfach wieder aufgefüllt worden.

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