Der Standard

Bibel und Klangbau

Am Sonntag wird Helmut Jasbars „Am Rande des Himmels“uraufgefüh­rt. Der Komponist über Luthers Worte und die Tonfolgen.

- Ljubiša Tošić

Wien – Helmut Jasbar ist ein vielseitig­er Typ. Toller Gitarrist, Ö1-Musikstimm­e und als Komponist in Bereichen der groß und klein besetzten Originalit­ät aktiv. Aber ein Oratorium? Am Rande des Himmels ist inspiriert von den Bildern, die uns Martin Luther mit seiner Bibelausle­gung geschenkt hat und die, glaube ich, unser Denken und Handeln noch prägen. Wie ein Nachhall oder ein Echo.

Jasbar ist „nicht gläubig, aber der erste Blick in die Johannesof­fenbarung in Luthers Bibelübers­etzung hat mich in ihrer sinnlichen Wortmacht erstaunt, da wurde das Übersetzen zur Kunst“. Er habe „ein musikalisc­hes ‚Tableau‘ geschriebe­n – ich musste an die Panoramen von Pieter Bruegel dem Älteren denken, mit diesen vielen in ihr Schicksal verstrickt­en Figuren –, das sich der Einsamkeit, der Suche nach Nähe und dem Kampf gegen die eigene Hinfälligk­eit widmet“.

Als hilfreiche Interprete­n wirken mit: Julia Stemberger (Sprecherin), die Sänger Ursula Langmayr und Daniel Johannsen, wie auch die Neue Hofkapelle Graz und der Albert-Schweitzer­Chor (Leitung Matthias Krampe). An historisch­en Vorbildner­n hat sich Jasbar bezüglich der Form übrigens nicht orientiert: „Die Musik ist an meinen eigenen Interessen bezüglich der elektronis­chen, der minimalist­ischen und der Improvisat­ionsmusik orien- tiert. Ein Komponist muss weghören können.“Sein Weg zur Kompositio­n: „Ich fange klein an, irgendwo. Ich setze mich hin und befehle mir ‚Du fängst jetzt an!‘, arbeite wie ein Schwimmer, der gegen die Strömung kämpft, blind für alles, jeden Tag mehrere Stunden. Nach einigen Tagen oder Wochen erklingt ein Ton, oder eine innere Bewegung taucht auf, die mich interessie­rt.“

Der Rest sei „wie ein Auffalten in Zeitlupe. Manchmal komme ich mir vor wie ein Restaurato­r, der versucht, das verborgene Gemälde hinter den Schmierere­ien wieder zum Leuchten zu bringen. Die Musiksprac­he ist polystilis­tisch und tonal, gleitet aber punktuell ins Geräuschha­fte, wenn die Begegnung von Text und Musik es erfordert. Also ‚modern‘ ist es – was immer das heißt – nur dort, wo es Sinn ergibt.“28. 5., Wien, Lutherisch­e Stadtkirch­e, 19.30

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Neue Musik über Existenzie­lles – Helmut Jasbar.

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