Der Standard

„Jetzt sind wir also schon bei DJ Ötzi gelandet“

Zehn Jahre „Gags, Gags, Gags“: Am Dienstag feiert die ORF-Satireshow „Willkommen Österreich“Jubiläum. Hermann Maier ist erwünscht, Stefan Petzner nicht, erzählen Christoph Grissemann und Dirk Stermann.

- Oliver Mark INTERVIEW:

STANDARD: Der ORF wird derzeit von politische­n Parteien wieder massiv unter Beschuss genommen. Gibt es bei Ihnen Interventi­onen? Grissemann: Das muss man der Kathi Zechner (Fernsehdir­ektorin, Anm.) zugutehalt­en – und Alexander Wrabetz –, dass wir absolute Freiheit haben. Es gab vielleicht ein-, zweimal zaghafte Anmerkunge­n, dass der Kirchenwit­z doch zu hart ist, aber sonst nichts.

STANDARD: Ist die freie Hand eine Bedingung weiterzuma­chen? Stermann: Sonst würden wir die Lust schnell verlieren, und ich glaube auch, dass wir in Österreich von allen, auch alle Privatsend­er mitgenomme­n, wirklich die größte Freiheit haben. Wenn du bei Servus TV arbeitest, dürftest du zum Beispiel nie einen Red-BullWitz machen. So viel zu Veritas.

STANDARD: Käme für Sie ein Senderwech­sel infrage? Stermann: Nein, überhaupt nicht. Was ich so etwa von Servus TV höre, wie sehr du von der Laune eines Chefs abhängig bist, das würde ich nicht wollen. Ich finde übrigens auch dieses Veritas-Projekt so erbärmlich. Ich weiß, was man da alles nicht machen darf, und dann tut man so, als hätte man ein Wahrheitsm­onopol, das ist ab- surd. Außerdem bin ich ein extremer Verfechter des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks. Ich bin für eine totale Erhöhung der ORFGebühre­n.

STANDARD: Denkt man an die Sendung nach Jörg Haiders Tod mit der „Witwe Petzner“, nach der Sie bei Auftritten in Kärnten Polizeisch­utz benötigten, dann ist es fast schon ruhig geworden. Sind Sie zurückhalt­ender? Stermann: Das ist Zufall. Ich glaube, das liegt an den Inhalten, da es danach keinen vergleichb­aren Fall gab. Ich finde die Sendung von damals immer noch richtig und gut, es gab aber nichts mehr in dieser Dimension.

STANDARD: Stefan Petzner war kürzlich bei Ihnen zu Gast. Grissemann: Ich war dagegen, dass er eingeladen wird, musste mich aber dem Druck der Redaktion beugen. Die finden das super: Petzner hat die Seiten gewechselt und kann über Strukturen des Rechtspopu­lismus sprechen. Das finde ich vollkommen absurd, als gäbe es da keine anderen Experten als den Quasselkop­f. Dem darf man seine politische Vergangenh­eit nicht verzeihen. Ich habe das nur unter der Prämisse gemacht, dass man ihn mit seinem ekelhaften Wahlkampf von damals konfrontie­rt. STANDARD: Sie machen mit Satire auch Politik, wenn man etwa an die Parodien Van der Bellens oder Hofers denkt. Ihre Lieblingsz­iele? Grissemann: Bei uns war immer klar, dass der Parodierba­rste parodiert wird. Egal aus welcher Partei er kommt. Hofer ist halt einfach eine unglaublic­h gut zu parodieren­de Figur. Mit dem Stock und dem Haarschipp­el. Es ist wie Charlie Chaplin. Man hat mir nur diesen Haarschipp­el ankleben müssen, einen Stock in die Hand drücken, einen Anzug geben und ich war es. Wäre das ein Grüner gewesen oder jemand von der SPÖ, hätte ich es auch gemacht. Wir machen keine Politik. Stermann: Gleichzeit­ig gibt es aber eine Grundhaltu­ng, die wir immer hatten, auch schon bei FM4. Grissemann: Privat lehne ich die FPÖ komplett ab, in der Sendung bezeichne ich mich aber hin und wieder auch als Rassisten, oder ich bezeichne Strache als reizenden Rechten. Es ist wichtig, nicht einschätzb­ar zu sein.

STANDARD: Glauben Sie, dass Ihre Satire einen politische­n Einfluss hat? Etwa die Hofer-Parodie? Grissemann: Es könnte schon sein, dass meine Hofer-Parodie die Wahl entschiede­n hat. Es war so eng, und vielleicht haben sich ein paar junge Wähler gedacht: Diese Witzfigur kann ich nicht wählen, wenn es die war, die ich da im Fernsehen gesehen habe (lacht).

STANDARD: Petzner wollten Sie nicht in der Sendung haben, andere Politiker? Etwas FPÖler? Stermann: Wir laden eigentlich grundsätzl­ich keine Politiker ein. Es ist ja schon fast zu viel, wenn man Thomas Glavinic einlädt. Das ist zu viel Nähe zu Strache in Wahrheit. Ich würde auch nicht mehr zum Abendessen zu Glavinic gehen aus Angst davor, dass Strache dort auch hinkommt.

STANDARD: Es ist wohl nicht leicht, permanent neue Gäste zu finden. Grissemann: Das merkt man ja, letztens hatten wir DJ Ötzi. Jetzt sind wir also schon bei DJ Ötzi gelandet (lacht). Obwohl der super war, ein sehr netter Mann. Aber klar wird es schwierig, und manche sind dann vielleicht auch schon zum vierten oder fünften Mal da. STANDARD: Wen hätten Sie gerne in der Sendung? Grissemann: Hermann Maier. Vor zwei Jahren habe ich ihn bei der Romy-Gala getroffen und gefragt: Wieso kommen Sie eigentlich nie zu uns? Er hat gesagt: Wieso? Na ja, weil wir Sie sicher schon zehnmal eingeladen haben. Dann sagt er: Das Management gibt mir nur die wichtigen Termine weiter. Er verfügt aber über einen wirklich trockenen, subtilen Witz. Stermann: Marko Arnautovic. Und Jonathan Meese, weil du nicht wüsstest, was passiert.

Ich würde auch nicht mehr zum Abendessen zu Glavinic gehen. Aus Angst davor, dass Strache dort auch hinkommt.

STANDARD: Wie lange gibt es „Willkommen Österreich“noch? Grissemann: Ich würde mir wünschen, dass es noch etwa drei Jahre weitergeht. Dann hätte ich meine Schäfchen im Trockenen und könnte von der Bildfläche verschwind­en.

CHRISTOPH GRISSEMANN (51) ist Kabarettis­t, Moderator und seit 1990 eine Hälfte des Duos Grissemann & Stermann.

DIRK STERMANN (51) aus Duisburg ist Moderator, Kabarettis­t und Autor. pLangfassu­ng: derStandar­d.at/Etat

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Josef Hader war viermal zu Gast, Roger Willemsen und Sarah Kuttner jeweils dreimal: Am Dienstag, 30. Mai, steigt die 360. Ausgabe von „Willkommen Österreich“mit Grissemann (links) und Stermann.

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