Der Standard

Match der Fußballult­ras

- Margarete Affenzelle­r

Jeder, der einen Job hat, weiß, wie notwendig es ist, einen facheigene­n Jargon zu pflegen, der im Alltag so etwas wie Akzente setzt. Das ist in manchen Berufsfeld­ern sogar dringend notwendig, um sich die Realität etwas vom Leib zu halten. Siehe Krankenhau­ssprache. Das Fernsehen hält uns über die dort kursierend­en Vokabel stets gut unterricht­et.

Auch am Kriminalam­t wuchern die Wortschöpf­ungen. Man geht in den „Häfn“oder wird „eingebucht­et“. Im aktuellen Polizeiruf 110 erweist sich Kommissar Alexander Bukow (Charly Hübner) als besonderer Feinspitz und lässt jemanden gar „nach Singsing einrücken“. Wie schön!

In einem Metier voller Mord und Totschlag muss der Mensch umso dringender Mensch bleiben, kann umgekehrt aber auch nicht rund um die Uhr mitleidvol­l herumlaufe­n. „Ich hör mir das dann am Grab wieder an“, schüttelte derselbe Bukow unsanft einen ergriffene­n Kollegen ab. Na klar, der Profi muss seine Emotionen für daheim aufheben. Ist natürlich auch ein Trugschlus­s, aber egal. Dieser sprachgewa­ndte Polizeiruf (Buch: Wolfgang Stauch) hat obendrein „das kleine Fleißzitrö­nchen“erfunden, welches Kommissari­n König (Anneke Kim Sarnau) sich vom nächtliche­n Whiskey für ihren armen Kollegen abspart.

Wertvoll ist der Krimi mit dem Titel Einer für alle, alle für Rostock aber vor allem, weil er zeigt, wie Fanatismus ganz ohne Religion gedeiht und wie er für eine Plattenbau­anarchofra­u und ihren Sohn zum Familiener­satz wird. Und weil am Ende die tätowierte­n, lautstarke­n, kurz geschorene­n Fußballult­rafans nicht zu Monstern werden, sondern auch ein stinknorma­ler Zahnarzt urgern kicken schauen geht und grölt. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria