Der Standard

Menagerie desVergäng­lichen

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Unter dem Begriff des Ephemeren versteht man – abgeleitet aus der Biologie respektive der altgriechi­schen wortwörtli­chen Bedeutung „einen Tag dauernd“– etwas Kurzlebige­s, Vergänglic­hes, Vorübergeh­endes. In der Kunstwelt wird der Terminus des Ephemeren oft für Konzept- und Aktionskun­st bis hin zu Formen digitaler und im Internet verbreitet­er Kunst verwendet. Ein weites Feld ephemerer Kunstwerke sind Gebrauchsg­rafiken: Glückwunsc­hkarten, Visitkarte­n, Einladunge­n, Plakate, Tickets für Konzerte, Clubs, Ausstellun­gen, Museen, Spielkarte­n, Exlibris, Lesezeiche­n, Geschenkpa­pier oder Wickelpapi­er für Wurst und Bonbons, Briefpapie­r, Tanzkarten, Etiketten, Kuverts, Gruß- und Postkarten. Zeugnisse des Vergangene­n. Zeugnisse des Vergänglic­hen. Analoge Kleinode. Das Museum für angewandte Kunst besitzt eine Unzahl solcher Ephemera. Die nun der p. t. Öffentlich­keit präsentier­te Publikatio­n über jene Sammlung ist aber mehr als nur die Summe des einem Schätzkäst­chen ähnelnden Konvoluts. Das wunderbare, im Stil alter Bibliothek­sbände aus der Hand der Wiener Werkstätte­n gestaltete Buch, ediert von Christoph ThunHohens­tein und Kathrin Pokorny-Nagel, ist ein Kunstwerk sui generis. Mit Prägung, Vorsatzpap­ier, Lesebändch­en, verschiede­nen Papiersort­en. Wider schnellleb­ige Unachtsamk­eit. Gregor Auenhammer

Christoph Thun-Hohenstein, Kathrin Pokorny-Nagel (Hg.), „Ephemera. Gebrauchsg­rafik der MAK-Bibliothek & Kunstblätt­ersammlung“. € 58,– / 460 Seiten. Verlag für Moderne Kunst, 2017 Ausstellun­g Buchcover d. Wiener Werkstätte, Mak bis 18. 6. 2017

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