„Es geht nicht um ein sorgloses Leben“
Zwei Jahre Teammitglied – dann plötzlich Chef: Bernhard Baumann übernimmt beim Start-up Shpock als CEO. Was heißt Führung im hippen Großraumbüro, wo liegen die Herausforderungen?
Wien – Wer den neuen CEO von Shpock, Bernhard Baumann, im Wiener Tech Tower besucht, muss ihn im Großraumbüro unter den Angestellten suchen. Eh klar: Start-up-Spirit. Diese Kultur sei es auch gewesen, die Baumann vor vier Jahren von der Boston Consulting Group zu einem der mittlerweile größten heimischen Start-ups brachte. Für Schlagzeilen sorgte der virtuelle Marktplatz für Gebrauchtes – Shpock steht für „Shop in your pocket“– zuletzt mit dem Einstieg des norwegischen Medienkonzerns Schibsted, der nun 91 Prozent hält und dafür eine siebenstellige Summe bezahlt haben soll. Innerhalb eines Jahres wuchs das Team von 60 auf 130 Mitglieder an, die aus etwa 30 Nationen kommen. Die 1750 Quadratmeter im Wiener Tech Tower werden deswegen bald zu klein für die weiter wachsende Mannschaft.
STANDARD: Herr Baumann, Sie haben Ihren Wechsel in den Start-upKosmos damals mit dem speziellen Spirit, der dort vorherrscht, begründet. Was heißt das konkret? Baumann: Mir gefällt, dass in einem Start-up Teammitglieder vom ersten Tag an viel Verantwortung bekommen und selbst anpacken. Das beginnt schon damit, dass man sich bei uns an Tag eins den eigenen Schreibtisch selbst zusammenbauen muss. Es ist aber auch dieses Hungrigsein – nicht mit dem Status quo zufrieden zu sein, immer mehr erreichen und sich verbessern zu wollen. Wichtig ist für mich außerdem, dass es sich beim Team nicht um eine Ansammlung von Einzelpersonen handelt. Und last but not least auch die Flexibilität: Wir haben zwar eine Richtung, in die wir gehen wollen, aber was gefordert ist, kann sich jederzeit ändern.
Standard: Wer sorgt dafür, dass trotz rasanten Wachstums der Spirit bleibt? Gibt es dafür einen Chief-Spirit-Officer? Baumann: Nein, ich denke, so etwas kann nicht organisatorisch erzwungen werden. Wir versuchen die beschriebene Stimmung den Neuen vorzuleben. Außerdem versuchen wir die richtigen Leute zu rekrutieren – da fängt es an. Beim Recruiting ist uns die Einstellung wichtiger als bestimmte Skills. Und auch ein enger Zusammenhalt ist wichtig – das Großraumbüro hilft uns dabei. Spaß darf natürlich nicht zu kurz kommen. Die Leute hier sind mehr als nur Arbeitskollegen, es entstehen Freundschaften, und wir fördern das auch mit verschiedenen Aktivitäten wie gemeinsamem Sport oder Weggehen.
Standard: Also durchaus auch eine Portion des Klischees, das man von Start-ups hat: alle per du, Tischtennis spielen in der Pause ... Baumann: Das Klischee, dass es sich bei Start-ups nur um einen Haufen junger Leute handelt, die Spaß zusammen haben, ist zu kurz gegriffen. Es geht nicht um ein sorgloses Leben, wo es alle lustig haben und sich das Label Start-up auf die Brust heften können, sondern darum, gemeinsam etwas zu erreichen. Das ist in manchen Phasen auch sehr anstrengend.