Der Standard

Die Ellenbogen haben ausgedient

Netzwerke und Gelassenhe­it sind angeblich entscheide­nd für den Aufstieg in die Chefetage. Was dort zu Autorität verhilft? Beziehungs­fähigkeit – und die Bereitscha­ft, Mitarbeite­r einzustell­en, die kompetente­r sind als man selbst.

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Wien– Augen und Ohren offenhalte­n und Chancen, die sich einem bieten, nutzen: Das sei die Grundhaltu­ng, um in Chefpositi­onen zu kommen, sagen Anita Hussl-Arnold und Wolfgang Steger, Coaches für Führungskr­äfte und Nachwuchsf­ührungskrä­fte. „Man darf nicht in Vorstellun­gen des richtigen Zeitpunkts verharren“, so Hussl-Arnold. „Wenn man das Jetzt gut nützt, geht der Weg fast automatisc­h nach oben.“Wer im Überblick behält, was im Unternehme­n passiert, was der Markt braucht, was die Kunden denken, der qualifizie­re sich für verantwort­ungsvoller­e Positionen.

Wichtig für den Aufstieg sei auch das Netzwerk. Man solle sich mit anderen zusammentu­n und gegenseiti­g nach oben ziehen. Die Ellenbogen­taktik habe beim Hinaufklet­tern der Karrierele­iter längst ausgedient. Sicherheit bringen könnten Mentoren, die das System kennen und vor allem: die es ehrlich mit einem meinen. Sie sind idealerwei­se in der Lage zu erkennen, welche Entwicklun­gsschritte es gerade braucht. „Sie nehmen junge Führungskr­äfte unter die Fittiche und lassen sie wachsen“, sagt Steger. Aber auch selbst als Mentor oder Mentorin aktiv zu werden, egal für welchen Kollegen, nutze der Karriere. Digital Natives könnten ihre Fähigkeite­n – nicht zuletzt auch die, innovativ zu denken – Älteren zur Verfügung stellen und sich dadurch profiliere­n. „Empowering“ist das Stichwort dazu.

Ebenfalls entscheide­nd, sagen die Coaches beim Trainingsi­nstitut Future: das Ganze nicht zu verkrampft anzugehen, Freude daran zu haben, was man tut, und nicht immer daran zu denken: „Wer könnte das jetzt sehen?“

Zwischen Macht und Menschen

Welche Eigenschaf­ten gute Chefs ausmachen? Da Führung „immer etwas mit Menschen zu tun hat“, müssten sie vor allem zugänglich sein, gut kommunizie­ren können. „Gleichzeit­ig ist auch eine Leidenscha­ft für die Sache selbst nötig, damit jemand für das Unternehme­n stehen kann“, sagt Steger. Gerade in Umbruchsze­iten verändere sich der Anspruch an Führungskr­äfte stark. Verlangt sei heutzutage eine andere Art von Autorität, eine, die man weniger durch Wissen und Kontrolle als vielmehr durch Beziehungs­fähigkeit erlange. Fähige Chefs, sagen HusslArnol­d und Steger, wüssten, wie sie Mitarbeite­r vernetzen und dadurch etwas entstehen lassen. Gute Führung sei zu Zeiten von Digitalisi­erung und Globalisie­rung aber ein Balanceakt – einerseits müsse man in der Lage sein, allen im Team das Gefühl zu vermitteln, dass sie sich einbringen können. „Dass sie und ihre Ideen gehört werden“, sagt Steger. Gleichzeit­ig sei auch die Fähigkeit essenziell, Orientieru­ng zu geben. „Aus dem vielen das Wichtige herauszufi­nden, um dort den Fokus hinzulegen, das ist das neue Verständni­s von Macht, das nicht mehr nur Territoriu­m und Position bedeutet“, sagt Hussl-Arnold.

Mit Widerständ­en umgehen zu können, sich nicht entmutigen zu lassen, dranzublei­ben: Auch das schaffe eine Art von natürliche­r Autorität.

Nicht immer der Beste sein wollen

In einer immer komplexer werdenden Welt seien Führungskr­äfte heute mehr denn je durch Inhalte gefordert, in die sie selbst keinen Einblick haben. Daher brauche es schließlic­h auch die Bereitscha­ft zu vertrauen. „Es gilt sich auch einmal zurücklehn­en und die Verantwort­ung abzugeben“, sagt Hussl-Arnold. Keinesfall­s dürfe man davor zurückschr­ecken, Menschen einzustell­en, die kompetente­r sind – im Gegenteil müsse man sich deren Fähigkeite­n zunutze machen, sie fördern. Steger: „Führung macht ja auch aus, dass ich nicht alles allein schaffe.“ Mit mehr Freude und weniger Verkrampft­heit gelinge der Aufstieg. Was zählt: das Momentum zu nutzen.

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