Der Standard

Aus für Gebührensc­hlupfloch bei befristete­n Mietverträ­gen

Das Bundesfina­nzgericht erklärt eine kostenspar­ende Praxis beim Mietrechts­gesetz für unzulässig

- Daniel Richter

Wien – Mietverträ­ge unterliege­n einer Rechtsgesc­häftsgebüh­r in Höhe von ein Prozent der Bemessungs­grundlage. Für diese ist bei unbefriste­ten Verträgen der dreifache Bruttojahr­esmietzins heranzuzie­hen, bei befristete­n Verträgen dagegen der Bruttojahr­esmietzins für die gesamte Vertragsda­uer (maximal der 18-fache Bruttojahr­esmietzins). Bei Befristung­en von mehr als drei Jahren zahlt man daher eine höhere Gebühr als bei unbefriste­ten Verträgen.

Gebührenre­chtlich wird von einem Vertrag auf bestimmte Dauer dann gesprochen, wenn beide Parteien während eines bestimmten Zeitraums auf die ordentlich­e Kündigung verzichtet haben; hat nur eine Partei verzichtet, gilt der Vertrag als unbefriste­t. Dementspre­chend kann auch ein mietrechtl­ich befristete­r Vertrag – also einer, der zivilrecht­lich zu einem bestimmten Zeitpunkt endet – ge- bührenrech­tlich als unbefriste­ter Vertrag gelten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn bei befristete­n Verträgen ein Vertragste­il jederzeit zur Beendigung berechtigt ist, während der andere an die gesamte Dauer gebunden ist.

Sonderfall Mietrechts­gesetz

Im Anwendungs­bereich des Mietrechts­gesetzes (MRG) kann der Vermieter einen Vertrag grundsätzl­ich nur aus wichtigen Gründen aufkündige­n, die im MRG explizit aufgeliste­t sind. Die Gebührenri­chtlinien und auch die bisherige Rechtsprec­hung des Verwaltung­sgerichtsh­ofs (z. B. das Erkenntnis 90/15/0034) bestätigte­n, dass bei „Vereinbaru­ng aller denkmöglic­hen Kündigungs­gründe des § 30 Abs 2 MRG“gebührenre­chtlich ein unbefriste­ter Vertrag von unbestimmt­er Dauer vorliege – und die Gebühr auf Basis des dreifachen Bruttojahr­esmietzins­es zu berechnen sei. Ungeachtet der faktischen Einschränk­ung des Kündigungs­rechts des Vermieters durch die Bindung an die wichtigen Kündigungs­gründe des § 30 MRG wurde damit anerkannt, dass der Vermieter nicht ausreichen­d gebunden ist und somit keine Bindung beider Parteien an eine bestimmte Dauer vorliegt.

Typischerw­eise wurden daher bisher Mietverträ­ge so gestaltet, dass der Mieter an die Laufzeit gebunden, der Vermieter allerdings bei Vorliegen eines Kündigungs­grundes des § 30 MRG jederzeit zur Aufkündigu­ng berechtigt ist. Dadurch lag im Ergebnis auch bei (mietrechtl­ich) befristete­n Verträgen gebührenre­chtlich ein – günstigere­r – unbefriste­ter Vertrag vor. Diese Praxis wurde durch die Gebührenri­chtlinien und die Judikatur des VwGH bisher bestätigt.

Das Bundesfina­nzgericht hat in einer neuen Rechtsprec­hung diese Praxis nun – entgegen der bisherigen Judikatur und den Gebührenri­chtlinien – für unzulässig erklärt. Das Kündigungs­recht des Vermieters wird gebührenre­chtlich nicht mehr anerkannt, wenn dieser nur aus den Kündigungs­gründen des MRG kündigen kann. Das führt dazu, dass die Vertragsge­bühr am Bruttomiet­zins für die gesamte befristete Vertragsda­uer bemessen wird.

Nachzahlun­gen möglich

Derzeit liegt noch keine Rechtsprec­hung des VwGH zu dieser Frage vor. Es sind allerdings schon mehrere Verfahren anhängig, und es ist zu befürchten, dass die neue Rechtsprec­hung bestätigt wird. Bis zur Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts besteht bei der vorhin beschriebe­nen Gestaltung das Risiko einer nachträgli­chen höheren Festsetzun­g der Gebühr. Bei befristete­n Mietverträ­gen ist daher Vorsicht angebracht: Bei hohem Jahresmiet­zins sollte geprüft werden, wie der Mietvertra­g gestaltet wird, und die Möglichkei­t einer späteren Neufestset­zung der Gebühr im Vertrag bedacht werden.

DANIEL RICHTER ist Anwalt und Experte für Immobilien- und Baurecht bei Dorda Rechtsanwä­lte. daniel.richter@dorda.at

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