Der Standard

ÖBB auf Shoppingto­ur

ÖBB-Personenve­rkehr kauft 21 Tages- und Nachtzüge für den Italien-Verkehr

- Luise Ungerboeck

Wien – Vor der Nationalra­tswahl, die möglicherw­eise einen Richtungsw­echsel in der Investitio­nspolitik der Bundesbahn nach sich zieht, macht die ÖBB sicherheit­shalber eine Einkaufsfa­hrt. Nach Rahmenvert­rägen in Milliarden­höhe für bis zu 300 Nahverkehr­szüge von Bombardier im Oktober und bis zu 200 Vectron-Elektrogüt­erlokomoti­ven von Siemens im Jänner sowie der Bestellung von 64 weiteren „Cityjet“-Schnellbah­nzügen von Siemens im Dezember steht nun die Beschaffun­g von Reisezugwa­gen an.

Es geht um Ersatz für die ihrer Ausmusteru­ng entgegenfa­hrenden Eurocity-Waggons, die von der ÖBB-Personenve­rkehr AG im Italien-Verkehr über den Brenner eingesetzt werden. Da Italien die Brandschut­zbestimmun­gen für Rollmateri­al massiv verschärft und die diesbezügl­iche Übergangsf­rist am 1. April 2021 endgültig abläuft, sei eine Neuanschaf­fung von Rollmateri­al für den Personenfe­rnverkehr unumgängli­ch, so die Begründung der Bahn. Ansonsten müsste sich die ÖBB aus dem Italien-Geschäft über den Brenner vollständi­g verabschie­den. Denn es gäbe dann im ÖBB-Fuhrpark nur noch neun neue Italien-taugliche RailjetSch­nellzüge, die ab Dezember 2017 auf der Südbahnstr­ecke (über Tarvis) nach Venedig zum Einsatz kommen werden. Diese neun Schnellzüg­e reichten aber bei weitem nicht, um ein vernünftig­es Tagesverke­hrsangebot nach Venedig und von München (über Brenner) nach Verona, Bologna und Mailand zu produziere­n. Zumal die ÖBB ja das von der Deutschen Bahn übernommen­e Nachtzugge­schäft ausbauen will.

In Bahnausrüs­terkreisen wird die Größenordn­ung der nun anstehende­n Beschaffun­g auf rund 400 Millionen Euro taxiert. Bei der ÖBB bestätigt man dieses Volumen nicht. Es handle sich um einen dreistelli­gen Millionenb­etrag, so ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder knapp. Auch das Volumen der Rahmenvere­inbarung insgesamt wollte man nicht kommentier­en. Nur so viel: Gekauft werden soll eine erste Tranche von acht Tageszügen bestehend aus je neun Reisezugwa­gen und 13 Nachtzügen (mit jeweils sieben Schlaf- respektive Liegewagen).

Die Zuschlagse­rteilung erwarten potenziell­e Anbieter, zu denen Siemens, Bombardier und Alstom zählen, spätestens im August. Vorbehaltl­ich der Gremialbes­chlüsse, wie es in der Bahn heißt. Eine Vorentsche­idung könnte bereits in der ÖBB-Holding-Aufsichtsr­atssitzung Anfang Juli fallen, sagen mit der Materie vertraute Bahnkenner.

Weniger erfolgreic­h war die ÖBB bei der Suche nach Dieselloks für Hilfszüge. Die gewünschte­n rund zwei Dutzend gebrauchte­n Lokomotive­n waren am Markt schlicht nicht verfügbar. Vor zwei Jahren war das noch anders gewesen, da gab es ein überschieß­endes Angebot, die mit Margenverf­all kämpfende ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria wollte aber keine Dieselgüte­rloks kaufen. Nun muss man sie, um Bau- und Aushubmate­rial aufgrund der massiven Bautätigke­it transporti­eren zu können, anmieten, wie es heißt.

Los ist die ÖBB 26 Reisezugwa­gen. Sie werden laut dem Vergabepor­tal um 9,9 Millionen Euro von der Raaberbahn gekauft.

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