Der Standard

Finanzsekt­or bei Frauenquot­e auf gutem Weg

Die Geschlecht­ervielfalt im europäisch­en Finanzsekt­or nimmt zu. Das geht aus einer Studie des britischen Thinktanks New Financial hervor. Dennoch gibt es keine Zeit, sich bei dem Thema auszuruhen.

- Bettina Pfluger

Wien – Die Diskussion­en zum Thema „Mehr Frauen in den Führungset­agen“läuft bereits seit Jahren und ist in vielen Ländern – so mittlerwei­le auch in Österreich – Agenda der Politik geworden. Diese schreibt fixe Quoten – etwa für das Gremium des Aufsichtsr­ats – vor. Doch wie sieht es in der europäisch­en Finanzwelt bezüglich Frauen in Führungset­agen aus? Dieser Frage ist der britische Thinktank New Financial mit Unterstütz­ung von Columbia Threadneed­le Investment nachgegang­en. Die Studie „Counting Every Woman 2017“wurde heuer bereits das dritte Jahr in Folge durchgefüh­rt und zeigt: Es tut sich was.

Positiver Trend

Hier die Details: Ein Viertel (25 Prozent) der Jobs in den Aufsichtsg­remien in der europäisch­en Kapitalmar­ktindustri­e ist derzeit von Frauen besetzt, und fast jedes fünfte Management­mitglied (18 Prozent) ist weiblich. In Summe ist das nicht mehr weit weg von den Unternehme­n im britischen Leitindex FTST100, wo 27 Prozent der Board-Positionen und 19 Prozent der Executive-Jobs von Frauen ausgeführt werden.

Die Zahlen gehen also in die richtige Richtung, halten die Studienaut­oren Lurence Bax, Olivia Seddon-Daines und Yasmine Chinwala fest. Der Prozentsat­z an Frauen in Aufsichtsg­remien ist in den vergangene­n drei Jahren um fünf Prozentpun­kte auf 25 Prozent gestiegen. Die weibliche Präsenz bei den Führungsjo­bs hat im Vergleich zu 2014 (Ersterstel­lung der Studie) um drei Prozentpun­kte auf die bereits erwähnten 18 Prozent zugenommen.

Festgehalt­en werden kann laut New Financial auch, dass die Vertretung von Frauen in allen Sektoren gestiegen ist. In mehr als der Hälfte der Unternehme­n (55 Prozent) hat demnach der Frauenante­il in den Führungset­agen in den vergangene­n drei Jahren zugenommen. In rund 48 Prozent der befragten Unternehme­n wurde die Geschlecht­erdiversit­ät in den Gremien verbessert.

Dennoch gibt es markante Unterschie­de, wenn man sich Aufsichtsg­remien und die Management­ebene getrennt ansieht. Dann zeigt sich, dass der durchschni­tt- liche Frauenante­il bei den Aufsichtsr­äten etwa bei Banken bei 33 Prozent liegt (siehe Grafik) – das ist mehr als doppelt so viel als auf der Management­ebene. Im Schnitt kann festgehalt­en werden, dass die Geschlecht­ervielfalt in den Aufsichtsr­äten mehr als dreimal so hoch ist wie in den Vorstandse­tagen.

Die Unterschie­de sind in einigen Sektoren besonders deutlich. So liegt die durchschni­ttliche Frauenquot­e im Management bei Hedgefonds bei neun Prozent, im Bereich Private Equity bei zehn Prozent. Im Bereich Regulierun­g steigt dieser Anteil auf 30 Prozent und bei Handelshäu­sern auf 31 Prozent. Der Anteil von 25 Prozent Frauen (im Durchschni­tt), die in einem Aufsichtsg­remium sitzen, kaschiere laut den Studienaut­oren aber jene Lücke, die es im Bereich Management gibt. Denn der Anteil an weiblichen Direktoren (nicht geschäftsf­ührend) ist mit 26 Prozent mehr als doppelt so hoch als im Bereich der Geschäftsf­ührung – dort weist die Studie aktuell einen Frauenante­il von lediglich zwölf Prozent aus.

Herausford­erung bleibt

Auch wenn die Zahlen in die richtige Richtung gehen, ist es für die Studienaut­oren noch lange nicht Zeit, sich bei diesem Thema zurückzule­hnen. Denn Frauen in Führungset­agen seien nach wie vor keine Selbstvers­tändlichke­it. Gerade der Finanzsekt­or sieht sich derzeit mit vielen Änderungen, Vorschrift­en und Regulierun­gen (etwa Mifid II) konfrontie­rt, umso mehr müsse dafür gesorgt werden, dass der Bereich Geschlecht­ervielfalt auf den Agenden der Entscheidu­ngsträger bleiben.

Die Unternehme­r hätten laut New Financial zwei Möglichkei­ten: Entweder sie handeln selbst und nehmen sich des Themas Geschlecht­ervielfalt – aber auch jener der Ethnizität und Mobilität – selbst an, oder sie warten, bis die Politik Vorgaben dazu macht, wie es ja auch beim Thema Aufsichtsr­at passiert ist.

An der Studie haben 240 Unternehme­n und Organisati­onen aus zwölf Sektoren des europäisch­en Kapitalmar­kts teilgenomm­en. Dazu zählen Banken, Versichere­r, Investment­banken, Pensionsfo­nds, Asset-Manager, Regulierer, Zentralban­ken, Börsen, Handelshäu­ser, Kanzleien, Private Equity und Hedgefonds.

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