Der Standard

Entgleiste Bim war viel zu schnell unterwegs

Fahrer, der mit dreifach überhöhtem Tempo in die Kurve fuhr, spricht von Blackout

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Wien – Jene Straßenbah­n der Linie 62, die am Sonntag gegen 17.00 Uhr in Meidling entgleiste, war mit dreifacher Geschwindi­gkeit unterwegs. Laut Wiener Linien hatte der 38-jährige Fahrer eigenen Angaben zufolge ein „Blackout“und könne sich an die Sekunden vor der Entgleisun­g nicht erinnern.

Laut Fahrtensch­reiber fuhr der Mann mit rund 45 statt der vorgesehen­en 15 Stundenkil­ometer in die enge Kurve ein, weswegen der 42 Tonnen schwere Zug aus den Gleisen sprang. Neben dem Fahrer, der sich am Montag noch im Krankenhau­s befand, wurden sieben Fahrgäste verletzt, glückliche­rweise niemand schwer – die meisten erlitten Prellungen. Den Sachschade­n schätzen die Wiener Linien auf etwa 100.000 Euro.

Staatsanwa­ltschaft ermittelt

Der gesundheit­liche Zustand des Fahrers werde nun eingehende­r untersucht, um zu erfahren, ob dem Blackout ernstere gesundheit­liche Probleme zugrunde liegen, so Dominik Gries, Sprecher der Wiener Linien: „Klar ist, dass er in nächster Zeit keine Straßenbah­n mehr fahren wird.“Der Mann sei erst seit einem Jahr beim Unternehme­n, war bisher jedoch „völlig unauffälli­g“, so Gries. Ob man den Mitarbeite­r suspendier­en werde, hängt auch vom Ergebnis der Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft ab.

Die Wahrschein­lichkeit, dass man in einer Bim sitzt, die entgleist, ist relativ gering – zumindest gemessen an der Zahl der täglich verkehrend­en Züge. „Unsere 500 Straßenbah­nen legen jeden Tag mehr als 60.000 Kilometer zurück“, führt Gries im Gespräch mit dem Standard aus. „Zuletzt gab es 2015 einen ähnlichen Vorfall.“

Ein besonders tragischer Fall ereignete sich im Jahr 1998, als in Wien-Simmering ein Zug der Linie 71 in eine Bankfilial­e geschleude­rt wurde und einen Bankangest­ellten tötete. Die Fahrerin hatte vergessen, eine Weiche händisch zu stellen.

Das größte Straßenbah­nunglück in der Geschichte Wiens forderte 1960 in Döbling 19 Todesopfer. Der Fahrer der Unglücksbi­m, der in einer Kreuzung in eine zweite Bim raste, hatte eine Blutalkoho­lkonzentra­tion von 2,6 Promille. (cms)

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Ein zum Glück seltener Anblick: Die entgleiste Bim kam auf dem Gehsteig zwischen Masten und einer Hauswand zum Stehen.

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