Der Standard

Ein Aufschwung, der nicht alle erreicht

Nach dem massiven Anstieg in der Krise geht die Zahl der Menschen, die unter Armut und sozialer Ausgrenzun­g in der EU leiden, zurück. Doch die Trendwende kommt nicht bei allen an. Vor allem junge Menschen haben es am Arbeitsmar­kt schwer.

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Brüssel/Wien – Jung, dynamisch und voll in der Krise: Die junge Generation Europas hat den wirtschaft­lichen Absturz nach 2008 am stärksten zu spüren bekommen. Das dokumentie­ren zahlreiche Studien aus den vergangene­n Jahren. So waren die unter 30-Jährigen vom Anstieg der Arbeitslos­igkeit stärker betroffen als die übrigen Altersklas­sen. Wie eine Analyse des Brüsseler Thinktanks Bruegel zeigt, haben zudem die Sparmaßnah­men, die ab 2010 in vielen EU-Ländern umgesetzt wurden, vor allem die Jungen getroffen.

Dieser soziale Abwärtstre­nd konnte in den meisten Ländern der EU inzwischen gestoppt werden. Die Situation auf dem Arbeitsmar­kt hat sich für junge Menschen entspannt, auch die Armutsgefä­hrdung geht zurück. Das geht aus dem am Montag veröffentl­ichten EU-Sozialberi­cht hervor. Der Aufschwung ist da.

Doch der Report zeigt, dass die Krise bleibende Spuren hinterlass­en hat. Die Generation unter 30 kämpft nach wie vor in vielen Ländern mit sozioökono­mischen Herausford­erungen. Zunächst ein Blick auf den Arbeitsmar­kt: Die Arbeitslos­enquote ist in der EU 2016 zurückgega­ngen. Ein Fünftel der jüngeren Jobsucher findet aber nach wie vor keine Anstellung. Dramatisch ist die Situation in südeuropäi­schen Ländern wie Griechenla­nd und Spanien.

Wobei jung nicht gleich jung ist. Bei Arbeitnehm­ern unter 30, die über keine hohe Qualifikat­ion verfügen, hat die Krise die deutlichst­en Spuren hinterlass­en. Die Beschäftig­ungsquote für diese Menschen ist von 66 Prozent im Jahr 2008 auf 56 Prozent im Jahr 2016 gefallen. Hier hat es auch bisher kaum eine Erholung gegeben.

Junge Menschen sind laut Sozialberi­cht zudem deutlich öfter von Langzeitar­beitslosig­keit betroffen als ältere Arbeitnehm­er. In 17 von 28 EU-Ländern finden Menschen unter 30 schwerer eine Arbeit als vor zehn Jahren. Leichter geworden ist die Jobsuche in Deutschlan­d, Schweden und Polen. In Österreich hat sich wenig verändert. In Portugal, Griechenla­nd, Italien, aber auch Bulgarien und Spanien haben es Junge nach wie vor schwer.

Jobs auf Zeit

Hinzu kommt, dass es für junge Menschen schwierige­r wird, stabile Beschäftig­ungsverhäl­tnisse zu finden. Unter den 25- bis 39Jährigen sind 16 Prozent der Beschäftig­ten in befristete­r Anstellung. Bei den 15- bis 24-Jährigen sind es 40 Prozent. Diese Quote ist seit 2008 deutlich gestiegen. Bei älteren Arbeitnehm­ern gab es auch eine Zunahme, die aber moderater ausgefalle­n ist. Zeitverträ­ge bedeuten weniger Sicherheit und Planbarkei­t für die Zukunft.

Die Zahlen unterschei­den sich aber auch hier von Land zu Land: In Spanien haben 32 Prozent der Jungen einen befristete­n Teiloder Vollzeitve­rtrag, in Italien ist es ein Fünftel, in Polen 28 Prozent. In Österreich dagegen sind es nur acht Prozent. Ein Grund für die befristete Anstellung ist laut Ökonomen, dass unbefriste­te Jobverhält­nisse in großen Teilen Südeuropas aufgrund des gesetzlich­en Kündigungs­schutzes kaum kündbar sind, Unternehme­n behelfen sich daher mit kurzfristi­gen Verträgen. Eine weitere Gruppe, die nur schleppend vom Aufschwung profitiert, sind laut Kommission Migranten. Allerdings ist nicht alles schlimm, es gibt auch deutliche Verbesseru­ngen. So steigt das Ausbildung­sniveau der jungen Menschen quer durch Europa an.

Neue Zahlen liefert der Sozialberi­cht auch zur Armut in der EU. 118,8 Millionen Menschen in der EU sind von Armut und sozialer Ausgrenzun­g betroffen, ihr Einkommen liegt also unter 60 Prozent des Medianeink­ommens, oder sie können sich Dinge des täglichen Bedarfs wie Fleisch und Heizung nicht leisten. Die geringste Armutsgefä­hrdung gibt es demnach in Tschechien (15 Prozent der Bevölkerun­g). In Bulgarien, Rumänien und Griechenla­nd ist ein Drittel armutsgefä­hrdet. In Österreich lag die Quote unveränder­t bei um die 20 Prozent. (szi)

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