Der Standard

Warum Trumps Handelskri­eg schwer zu beginnen ist

Donald Trump versprach der US-Stahlindus­trie zu helfen, indem er ausländisc­he Lieferante­n mit Strafzölle­n belegt. Die Unternehme­n jubilierte­n. Doch ein großer Teil der US-Industrie läuft Sturm gegen die Maßnahme.

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Wien/Washington – Die US-Handelspol­itik erinnert derzeit an einen Westernfil­m, in dem zwei Cowboys vor dem Saloon stehen und sich schweigend anblicken. Beide haben die Hand am Pistolengr­iff. Jener Revolverhe­ld, der den Streit begann und jetzt nicht mehr weiß, ob er wirklich losfeuern soll, sind die USA. Der Gegner könnte die EU, aber auch China oder Japan sein.

US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf angekündig­t, der US-Industrie wieder auf die Beine helfen zu wollen. Im April beauftragt­e er seinen Handelsmin­ister zu prüfen, ob die USA Stahlimpor­te nicht unter Verweis auf die nationale Sicherheit mit hohen Strafzölle­n belegen könnten. Solche Maßnahmen würden China und EU-Länder wie Deutschlan­d, Südkorea, Japan sowie die Türkei treffen.

Die EU hat bereits Gegenmaßna­hmen ausgearbei­tet. Die Kommission will mit Nadelstich­en dagegenhal­ten und erwägt zum Beispiel den Import von Bourbon Whiskey begrenzen.

Doch innerhalb der US-Administra­tion gibt es Streit darüber, ob man den Stahlkonfl­ikt wirklich vom Zaun brechen soll. Das hat weniger mit ideologisc­hen Fragen denn mit handfesten Wirtschaft­sinteresse­n tun. Die Nachrichte­nagentur Reuters berichtet, dass hinter den Kulissen ein Kampf zwischen Industriel­obbyisten verschiede­ner Branchen tobt. Auf der einen Seite steht die US-Stahlindus­trie. Sie würde davon profi- tieren, wenn ausländisc­he Mitwebwerb­er höhere Zölle bezahlen. Der größte US-Produzent, USSteel, meint etwa in einer Stellungna­hme: „Zu lange haben China und andere Nationen wirtschaft­liche Kriegsführ­ung gegen die US-Stahlindus­trie betrieben.“

Auch der Chef des indisch-luxemburgi­schen Stahlriese­n Arcelor Mittal in den USA, John Brett, äußerte sich positiv über Trumps Pläne. Arcelor Mittal ist nach eigenen Angaben der größte Zulieferer der US-Armee. Das Unternehme­n verfügt über zahlreiche Werke in den Vereinigte­n Staaten, dürfte also die Zölle selbst nicht spüren. Daneben unterstütz­en auch Gewerkscha­ften die Pläne.

Auf der Gegenseite versucht die Automobili­ndustrie, einen Stahlkonfl­ikt zu verhindern. Die Branche attackiert Trump auf seiner Achillesfe­rse: Der US-Präsident verspricht, Industriej­obs ins Land zurückzuho­len. Rund 150.000 Menschen sind in der US-Stahlbranc­he beschäftig­t. 10.000 könnten nach Schätzunge­n dazukommen, wenn billige ausländisc­he Importe durch inländisch­e Produktion ersetzt werden. Doch der American Automotive Policy Council, der die Interessen von Ford, General Motors und FiatChrysl­er vertritt, warnt, dass Stahlzölle Autos teuer machen würden. Die Konsumente­n könnten sich weniger Pkws leisten – in der Folge würden Jobs in der Autoproduk­tion verlorenge­hen.

Als weitere wichtige Gruppe kämpft die Erdöl- und Erdgasindu­strie gegen Handelsbes­chränkunge­n. Stahl wird vielfach in der Öl- und Gasförderu­ng genutzt, der Industriez­weig fürchtet wie die Autobauer teurere Rohstoffe.

In einem Schreiben an das Handelsmin­isterium warnen die Vertreter von Großkonzer­nen wie Shell und Exxon Mobil eindringli­ch vor Stahlzölle­n. Auch aus der Baubranche kommen Bedenken und die Warnung vor Jobverlust­en. Geht es nach der Zahl der Arbeitnehm­er und der Wirtschaft­skraft, sind die Gegner der protektion­istischen Maßnahmen in der Überzahl. Wie Reuters berichtet, hat die US-Administra­tion daher eine Entscheidu­ng mehrmals nach hinten verschoben. Wenn es um nationale Sicherheit geht, braucht Trump das Einverstän­dnis des Kongresses nicht. Seine Unterschri­ft würde reichen, um Strafzölle einzuführe­n.

Interessan­terweise mangelt es den USA aber auch an Arbeitskrä­ften: Die Regierung erteilt bis zu 15.000 zusätzlich­en Saisonarbe­itern aus dem Ausland eine vorläufige Arbeitserl­aubnis. Es stünden nicht genügend Amerikaner zur Verfügung, die die nötige Qualifikat­ion für die Jobs hätten oder willens seien, sie zu machen, wird begründet. (szi)

 ??  ?? US-Präsident Trump lässt sich in Michigan selbstfahr­ende Autos zeigen. Neben ihm geht unter anderem Mary Barra, Geschäftsf­ührerin von General Motors. Die US-Autobauer lehnen Stahlzölle ab. Sie warnen vor Jobverlust­en in den US-Produktion­sstätten.
US-Präsident Trump lässt sich in Michigan selbstfahr­ende Autos zeigen. Neben ihm geht unter anderem Mary Barra, Geschäftsf­ührerin von General Motors. Die US-Autobauer lehnen Stahlzölle ab. Sie warnen vor Jobverlust­en in den US-Produktion­sstätten.

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