Der Standard

Rosneft auf Beutezug

Dubioser Milliarden­prozess weckt Erinnerung an Yukos

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Moskau – Will Igor Setschin etwas haben, dann bekommt er es auch. Der 56-jährige Präsident des Ölkonzerns Rosneft ist der mächtigste Mann Russlands – gleich nach Präsident Wladimir Putin. Vor gut zehn Jahren war er, noch als Vizechef der Kremladmin­istration, der Drahtziehe­r hinter dem Fall von Yukos, auf deren Trümmern er dann die staatliche Rosneft aufbaute. Der neue Skandal um den Ölkonzern Baschneft ist ein Paradebeis­piel für die Machtfülle und Unersättli­chkeit Setschins, der einst als „Schatten Putins“galt.

Der Prozess wird um Baschneft geführt, den Rosneft 2016 für knapp fünf Milliarden Euro vom Staat gekauft hat. Rund die Hälfte der Summe will Setschin nun vom Mischkonze­rn Afk Sistema einem früheren Vorbesitze­r, zurück. Sistema habe damals Aktiva aus dem Konzern herausgelö­st, so der Vorwurf. Da der Rubel seit 2014, der Zeit, aus der die Vorwürfe stammen, gefallen ist, soll Sistema die Kursdiffer­enz bezahlen.

Sistema weist alle Vorwürfe zurück: Die Restruktur­ierung sei nicht zum Nachteil Baschnefts verlaufen, sondern zielte im Gegenteil darauf ab, vor dem damals geplanten SPO den Marktwert des Unternehme­ns durch eine Entflechtu­ng der verschiede­nen Überkreuzb­eteiligung­en zu erhöhen, sagte Sistema-Präsident Michail Schamolin dem STANDARD. „Es gab einen Tausch: Baschneft hat Aktien von Sistema-Invest zurückgege­ben, Sistema-Invest seinerseit­s Baschneft-Aktien und so wurden Aktiva und Verbindlic­hkeiten gleichmäßi­g aufgeteilt.“

Unsichtbar­e Verluste

Marktkapit­alisierung und Gewinn litten unter der Maßnahme nicht. „Die Ausglieder­ung der nicht zum Kerngeschä­ft gehörenden Aktiva und die größere Transparen­z vor dem IPO waren sinnvoll“, sagt Energieexp­erte Sergey Rozhenko. Auch Juristen bewerten die Klage als fragwürdig. Rosneft wurde nicht geschädigt und die Rubelabwer­tung sei kein Grund zur Anhebung von Forderunge­n, schließlic­h handle es sich um einen Prozess in Russland.

Das Gericht ist auf Seiten Rosnefts: Schon vor dem Urteil ließ es Aktien von Sistema beschlagna­hmen und rief so massive Verluste hervor. Am Montag musste Sistema technische Insolvenz erklären. Energieexp­erte Konstantin Simonow bewertet die Konfiskati­on als „Demonstrat­ion der Stärke“. Er habe kaum noch Zweifel am Prozessaus­gang, sagte er. Experten warnen unterdesse­n vor einer weiteren Eintrübung des Investitio­nsklimas in Russland. Potenziell­e Investoren werden durch die rüde Rosneft-Attacke auf die Konkurrenz sicher nicht motiviert, nach Moskau zu gehen. (ab)

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