Der Standard

Bierzelt statt Parlament

- Günther Oswald

Unter zu großem Zeitdruck entsteht selten etwas Gutes. Nicht oft genug kann an die narrische Nacht vom 24. September 2008 erinnert werden, als die Parteien knapp vor der Wahl die Hacklerreg­elung verlängert­en, eine 13. Familienbe­ihilfe sowie die halbierte Mehrwertst­euer auf Medikament­e, das Aus für die Studiengeb­ühren und noch einiges mehr durchwinkt­en. Bei der Hacklerreg­elung war das Chaos so groß, dass sogar zwei sich widersprec­hende Gesetzeste­xte beschlosse­n wurden.

Auch im aktuellen Wahlkampf konnten wir bereits beobachten, wozu künstlich geschaffen­er Zeitdruck führt. Der Pflegeregr­ess wurde in einer Hauruckakt­ion abgeschaff­t. Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich handelt es sich dabei um ein wichtiges Thema. Gesetzesbe­schlüsse zu fassen, ohne vorher mit Experten zu diskutiere­n, welche Auswirkung­en das auf die Pflegeheim­e und die Finanzen der Länder haben könnte, ist aber populistis­cher Irrsinn. Nicht ohne Grund ist es üblich, Gesetzeste­xte erst nach mehrwöchig­er Begutachtu­ng zu beschließe­n. Schließlic­h passieren sogar den besten Ministeria­lbeamten Fehler.

Die Parlaments­fraktionen sollten sich und den Wählern daher den Gefallen tun und die beiden Nationalra­tssitzunge­n unmittelba­r vor der Wahl im Oktober absagen. Wahlkampf kann an anderen Orten mindestens genauso gut geführt werden. Der Unsinn, der im Bierzelt passiert, kann aber nicht so teuer kommen wie jener im Nationalra­t.

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