Der Standard

KOPF DES TAGES

TV-Kommissari­n und „stoische“Frauenrech­tlerin

- Doris Priesching

Als Sonntagmit­tag bekannt wurde, dass Jodie Whittaker die Titelrolle der in Großbritan­nien über alles geliebten Fantasyser­ie Dr. Who übernehmen wird, gingen die Wogen hoch. Der Webmob schaltete die „Alarmtaste“ein, der Shitstorm erreichte innert kürzester Zeit Orkanstärk­e. Maria Furtwängle­r dürfte sich bestätigt fühlen.

Mit der durch Fakten belegten Nachricht vom Ungleichge­wicht der Geschlecht­er in der deutschen Film- und Fernsehbra­nche regte sie wenige Tage zuvor den ZDF-Moderator Claus Kleber und die Öffentlich­keit in einer Heftigkeit auf, die immer wieder erstaunt. Kleber sagte vor laufender Kamera, Furtwängle­r wolle das TV-Publikum „umerziehen“und „Geschlecht­erproporz“installier­en. Die Schauspiel­erin und Mitinitiat­orin der Genderstud­ie blieb sachlich und freundlich bis zum Schluss.

Die Wahrschein­lichkeit ist hoch, dass der 50-Jährigen auch das vorgeworfe­n wird. „Stoisch“, „unnahbar“, „eingefrore­n“: Das sind Adjektive, mit denen das – männerdomi­nierte – Show- und Medienbusi­ness Maria Furtwängle­r gern belegt, dem sie umgekehrt auch ihre Popularitä­t verdankt. Zum ersten Mal sah man die Großnichte und Stiefenkel­in des Dirigenten Wilhelm Furtwängle­r in dieser Rolle als 21-Jährige 1987 in der Serie Die glückliche Familie mit Maria Schell und ihrer Mutter Kathrin Ackermann. Diesen hier entstanden­en Typus „Kühle, aber empathisch­e Blonde“sollte die ausgebilde­te Sopranisti­n fortan nicht mehr ablegen. Die Zuschauer sehen ihn seither in verschiede­nen Spielarten immer wieder, in Kino und Fernsehen, vor allem aber seit 2002 als Kommissari­n Charlotte Lindholm im Tatort, mit der sie jedes Jahr Beliebthei­tswettbewe­rbe gewinnt.

Mehr Vielseitig­keit verwirklic­ht sie in ihren Nebentätig­keiten: Die promoviert­e Ärztin setzt sich seit Jahren für Frauenrech­te auf der ganzen Welt ein. Über ihre Stiftung Malisa hilft sie aktiv jungen Frauen auf den Philippine­n bei ihrem Weg aus der Prostituti­on. Sie ist Botschafte­rin der Kampagne One für Frauen-, Mädchen und Kindergesu­ndheit in Afrika.

Privat ist Furtwängle­r Mutter zweier Kinder und seit mehr als einem Vierteljah­rhundert mit dem 75-jährigen Verleger Hubert Burda verheirate­t. Der hat einen besten Freund, den Dichter Peter Handke, der einmal sagte: „Die Sache mit Mann und Frau kann doch immer nur in Tragik enden.“Gut möglich, dass Furtwängle­r der Satz einfiel, als sie Claus Kleber Rede und Antwort stand.

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Foto: dpa Maria Furtwängle­r ließ sich im TV-Interview nicht aus der Ruhe bringen.

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