Der Standard

Doku: „Glaubenskr­ieger“für den Frieden

Hassan Geuads Gruppe 12th Memorise protestier­t mit provokante­n Aktionen gegen IS-Terror und das Wegschauen des Westens. Die ARD-Dokumentat­ion „Glaubenskr­ieger“hat ihn begleitet. Zu sehen heute, Mittwoch, um 23.15 Uhr.

- Doris Priesching

Wien – Hassan, Muhammed und Ahmed sitzen beisammen und hecken einen Plan aus. Es klingt gefährlich: „So weit läuft alles, aber Ahmed muss die Pistole noch besorgen.“– „Wenn einer muckt, muss einer sie halt aufhalten.“

Tags darauf, elf Uhr, Düsseldorf, Fußgängerz­one: Zwei schwarzgek­leidete Männer marschiere­n auf, sie sind mit Pistolen und Schwertern bewaffnet und treiben vor sich zwei Männer her, zwingen sie, sich niederzukn­ien. „Wir müssen aufwachen!“, ruft Hassan. Passanten drehen sich um, manche bleiben stehen.

Ein Attentat im Zentrum von Düsseldorf? Mitnichten, Hassan Geuad, sein Bruder Mohammed und die ambitionie­rte Truppe von 12th Memorise machen eine Kunstaktio­n, zu sehen heute, Mittwoch, um 23.15 Uhr, ARD. „Was ihr hier seht, passiert in unseren Ländern hundert Mal!“, ruft Hassan den Passanten zu. Sie feuern die Pistolen ab. Die vor ihnen knienden Protagonis­ten fallen wie Puppen.

12th Memorise ist eine Gruppe aus Männern und Frauen aus dem Ruhrgebiet, die mit aufsehener­regenden Kunstaktio­nen für ein friedliche­s Verständni­s des Islam werben wollen. Früher habe er Flugblätte­r verteilt, erzählt der 26jährige Hassan. Das habe niemanden berührt. Mit Aktionen wie der Hinrichtun­g Anfang 2015 in Düsseldorf erzielen die streng gläubigen jungen Männer mehr Aufmerksam­keit – innerhalb weniger Tage waren es mehr als 120.000 Aufrufe auf Youtube.

Doch mit der zunehmende­n Öffentlich­keit begannen auch die Konflikte, zuerst innerhalb der Familie, recht bald innerhalb der religiösen Gemeinscha­ft. Der Facebook-Hammer ging nieder, Vernichtun­g und Unheil wurden der Gruppe gewünscht. Als ein Islampredi­ger die Gruppe als „Abtrünnige“bezeichnet, worauf nach dem Koran die Todesstraf­e steht, beginnt eine Hetzjagd auf Hassan und Co, zuerst in sozialen Medien mit Beschimpfu­ngen, Anfeindung­en und Bedrohunge­n. Mit einer Videobotsc­haft wenden sich Mitglieder an die „verehrten Gelehrten“, damit „das Schweigen gebrochen wird“.

In einer weiteren Aktion stellen 12th Memorise einen Sklavenmar­kt nach. „Wir müssen den Islam mit deutscher Identität aufbauen“, fordert Hassan. Nicht alle sind einverstan­den: „Du bist ein Lügner!“, ruft ein junger Mann. Sendungsma­cher Till Schauder zeigt die Reibungen und Konflikte auch innerhalb der Gruppe, die den kreativen Prozess begleiten, aber auch den familiären Zusammenha­lt, in dem die einzelnen Mitglieder leben. Hassans Mutter wettert gegen die Arbeit an Aktionen, gleichzeit­ig wirkt sie stolz auf ihre Söhne.

Zum Schluss gehen Hassan und Mohammed zur Pegida-Demo und lassen sich dort auf Diskussion­en ein. „Wogegen wir etwas haben, ist, wie der Islam benutzt wird, um Völkerwand­erungen auszulösen“, sagt einer. Als Hassan einen der Demonstran­ten auf einen Grammatikf­ehler im Transparen­t aufmerksam macht, wird die Situation kritisch. Es gibt viel zu tun.

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Hassan Geuad, Gründer der Aktionsgru­ppe 12th Memorise, beim Pegida-Treffen.

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