Deutschquoten
Sprachwissenschafterin sieht falschen Ansatz
Für Sprachwissenschafterin Verena Plutzar ist der Vorschlag der Grünen, in Kindergärten Quoten für Kinder mit Deutschdefiziten einzuführen, „unrealistisch“.
Wien – Als einen „unrealistischen und frommen Wunsch“bezeichnet Sprachwissenschafterin Verena Plutzar den Vorschlag der Grünen, in Kindergärten und Volksschulklassen Quoten für Kinder mit Deutschdefiziten einzuführen. Die Idee sei zwar „politisch schön verwertbar“, aber schlicht nicht umsetzbar, sagt Plutzar zum STANDARD.
Der grüne Bildungssprecher Harald Walser hatte angeregt, in Kindergartengruppen und Volksschulklassen eine Quote von einem Viertel bis zu einem Drittel von Kindern mit Deutschproblemen einzuführen.
In Wien müsste man Schüler außerhalb der Stadt unterrichten, da insgesamt 50 Prozent eine andere Umgangssprache als Deutsch haben. „In sehr vielen Kindergärten und Schulen Wiens sind 80 Prozent der Kinder mehrsprachig, das Herumschieben ist einfach nicht machbar“, sagt Plutzar, die sich im Netzwerk Sprachenrecht engagiert und Sprachprojekte am Übergang vom Kindergarten zur Volksschule in Wien und Niederösterreich begleitet. „Wir sollten uns mit dem auseinandersetzen, was ist, und nicht die Realität verändern wollen.“
Die Sprachforscherin schlägt einen anderen Ansatz vor, nämlich eine Änderung bei der Lehrerausbildung. Derzeit gebe es für werdende Pädagogen keine Pflichtmodule für Mehrsprachigkeit. Auch in den Lehrplänen seien Kinder mit Zweitsprache zu wenig beachtet. Das führe zum Beispiel dazu, dass etwa im Deutschunterricht nicht gelehrt werde, wie man Artikel oder Präpositionen verwendet. „Wenn die Erstsprache Deutsch ist, dann saugt man das mit der Muttermilch auf.“Für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache sei die Verwendung von Artikeln aber keinesfalls logisch.
Als Vorbild nennt Plutzar Niederösterreich, wo interkulturelle Teams eingesetzt werden und die Pädagoginnen mehrere Sprachen sprechen.