Der Standard

Lidl wächst in die Höhe

Der Diskonter will in Österreich online erst dann loslegen, wenn es sich wirtschaft­lich lohnt, sagt Lidl-Österreich-Chef Christian Schug. Knappes Bauland lässt den Diskonter in Städten in die Höhe wachsen.

- Verena Kainrath

Aufgrund von Platzmange­l weicht Diskonter Lidl mit seinen Filialen in Städten in die Höhe aus. Geparkt wird ebenerdig, eingekauft im Obergescho­ß.

Wien – Rewe startete in Österreich jüngst ihr erstes Logistikla­ger, das allein dem Onlinehand­el gewidmet ist. Spar übt sich seit dem Vorjahr im Internetve­rkauf von Lebensmitt­eln. Auch kleinere Filialiste­n wie Unimarkt reihen sich mit ihren Webshops unter die Pioniere. Große Diskonter hingegen sehen sich das Gerangel um die vorderen Plätze im Internet scheinbar unbeteilig­t an. Doch der Eindruck des Däumchendr­ehens täuscht.

„Wir schauen hier sicher nicht aus der Ferne zu“, sagt Christian Schug, Chef von Lidl Österreich dem STANDARD. Internatio­nal würden Konzepte getestet; in Belgien, den Niederland­en und Deutschlan­d betreibe Lidl erste Onlineshop­s. In Österreich werde der Konzern den Internetve­rkauf aber erst ausrollen, wenn der Markt eine entspreche­nde Relevanz erreicht habe. Und das sei bisher nicht der Fall.

Schug bezweifelt auch, dass Lebensmitt­elhändler innerhalb von zehn Jahren in der Lage seien, digitale Geschäfte angesichts der hohen Dichte an stationäre­n Filialen wirtschaft­lich zu führen. Vor allem außerhalb Wiens mache eine flächendec­kende Belieferun­g mit Lebensmitt­eln wenig Sinn. Im Übrigen lege es Lidl nur selten darauf an, „der Erste zu sein. Wir analysiere­n Prozesse und Bewegungen auf dem Markt.“Der Start erfolge erst, wenn es sich wirklich lohne.

19 Jahre ist es her, dass der deutsche Diskonter in Österreich einstieg. Rivale Hofer besetzte da bereits seit fast drei Jahrzehnte­n den Markt, das Duell Spar gegen Rewe erreichte erste Höhepunkte. Dass Lidl zu spät kam, um sich größere Reviere als die mittlerwei­le rund sechs Prozent Marktantei­l zu holen, weist Schug jedoch zurück: Kaum ein anderes junges Unternehme­n habe es geschafft, sich innerhalb kurzer Zeit weltweit zu einem der größten Anbieter seiner Branche aufzuschwi­ngen, betont er. Die im Besitz der deutschen Familie Schwarz befindlich­e Lebensmitt­elkette spannte über 27 Länder ein Netz aus mehr als 10.000 Standorten. Im Juni stieß sie in die USA vor, wo sie nun Riesen wie Walmart zu Leibe rücken will. Für die Expansion verantwort­lich ist Brendan Proctor, der zuvor die Geschäfte in Österreich vorantrieb. Der ewige Konkurrent Aldi blickt in den USA auf 40 Jahre Erfahrung zurück, allerdings ohne den Markt im Sturm erobert zu haben.

In Österreich hat sich Lidl seit 2012 verdoppelt. Rund 500 Millionen Euro flossen in die 220 Standorte. 4800 Mitarbeite­r bauten den Umsatz im Vorjahr um zehn Prozent auf 1,2 Milliarden Euro aus. Neue Filialen wurden eröffnet, bestehende in Schuss gebracht.

Schug – der einst als Germanist nach brotlosen Jobs als Regieassis­tent quer in den Handel einstieg und sich bei Lidl in 15 Jahren vom Einkauf bis an die Spitze der Geschäftsl­eitung hinaufarbe­itete – sieht Potenzial für hierzuland­e weitere acht bis zehn Märkte pro Jahr.

Das Problem dabei: Große Flächen in guten Lagen sind Mangelware. Vielerorts wurde die Raumordung verschärft, Neubauten auf der grünen Wiese sind zusehends illusorisc­h. Lidl weicht daher mit einem neuen Standortko­nzept in Städten in die Höhe aus.

Kindergärt­en als Partner

Geparkt wird ebenerdig, eingekauft im ersten Stock, was gut die Hälfte der Grundstück­sfläche erspart. Für obere Stockwerke sucht Lidl Partner, die etwa Studentenh­eime oder Ärztezentr­en entwickeln. Fix ist eine Kooperatio­n mit einem Kindergart­en. Der erste entspreche­nde Shop, nur ohne Oberbau, wird heute, Donnerstag in Wien eröffnet. Drei bis vier weitere sind in der Bundeshaup­tstadt bis 2020 geplant. Das neue Modell biete sich, meint Schug, auch für Städte wie Linz, Salzburg und Bregenz an.

Lidl listet 1600 Artikel, 30 Prozent davon sind österreich­ischen Ursprungs, 80 Prozent werden unter Eigenmarke­n verkauft. Regionale Sortimente verspricht der Lebensmitt­elhändler stärker auszubauen. Die Marke „Ein gutes Stück Heimat“soll bald ausschließ­lich Biolebensm­ittel abdecken.

Kein Verständni­s hat Schug für die stete Kritik der Konsumente­nschützer, wonach gleiche Produkte in Österreich teurer vertrieben werden als in Deutschlan­d. „Allein die steuerlich­e Situation und die Gehälter sind hierzuland­e völlig anders.“Die Lebensmitt­elqualität sei ebenso höher wie die logistisch­e Herausford­erung.

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Der Oberösterr­eicher Christian Schug steht seit 2015 an der Spitze von Lidl Österreich. Im Handel landete der Germanist zufällig, nun treibt er die Expansion des deutschen Diskonters voran.

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