Der Standard

Trumps Iran-Politik ist eine Baustelle

Zähneknirs­chend hat die US-Regierung einmal mehr bescheinig­t, dass der Iran die Verpflicht­ungen des vor zwei Jahren abgeschlos­senen Atomdeals erfüllt. Aber das war nicht das letzte Wort Trumps in der Sache.

- ANALYSE: Gudrun Harrer

Teheran/Washington/Wien – Zum zweiten Mal seit Amtsantrit­t hat US-Präsident Donald Trump bestätigt, dass der Iran den vor zwei Jahren in Wien geschlosse­nen Atomdeal einhält. Diesmal fiel jedoch die Kommunikat­ion des Vorgangs – die US-Regierung muss alle 90 Tage den Kongress benachrich­tigen – zwischen chaotisch und verschämt aus: Öffentlich gemacht wurde der Akt erst einen Tag danach, am Dienstag, gleichzeit­ig mit der Verhängung neuer Sanktionen gegen den Iran.

Diese stehen nicht mit dem iranischen Atomprogra­mm in Zusammenha­ng, sondern mit „Irans nichtnukle­arem Verhalten“, das der JCPOA (Joint Comprehens­ive Plan of Action, wie der Atomdeal offiziell heißt) nicht thematisie­rt. Bei dem Deal ging es nur darum, Irans nukleare Aktivitäte­n einzuschrä­nken. Das wird von Trump und seinen Verbündete­n in Israel und auf der arabischen Seite des Persischen Golfs als großer Defekt gesehen. Die Verteidige­r sind hingegen der Meinung, dass der Deal, der im Juli 2015 nach mehr als eineinhalb­jährigen Verhandlun­gen zustande gebracht wurde, der einzig greifbare war.

Dies unterstric­h auch der iranische Außenminis­ter Mohammed Javad Zarif am Dienstag im Gespräch mit Journalist­en in New York: „Wir hätten keinen besseren Deal bekommen, und die USA hätten keinen besseren Deal bekommen. Das versichere ich Ihnen“, wurde Zarif von Al-Monitor zitiert. Der Iran, der den USA vorwirft, den Deal „vergiften“zu wollen, könnte nun prüfen lassen, ob ihn die USA ihrerseits verletzen. Trump hatte beim G20-Treffen in Hamburg seine Gesprächsp­artner dazu aufgeforde­rt, ihre Geschäfte mit dem Iran einzustell­en. Im JCPOA gibt es tatsächlic­h einen Passus, der dies untersagt. Neue „nichtnukle­are“Sanktionen wurden hingegen auch unter Barack Obama verhängt.

Treffen in Wien

In Wien trifft am Freitag die „Gemeinsame Kommission“zusammen, die die Umsetzung des JCPOA begleitet. Es gibt Mechanisme­n, Streitfrag­en zu lösen – die manchmal auch deshalb aufkommen, oft im technische­n Bereich, weil der Text Interpreta­tionsspiel­raum lässt. Auch wenn die USA dem Iran die Einhaltung nicht bescheinig­en würden, wäre die Sache nicht sofort zu Ende. Aber die USA könnten letztlich im Uno-Sicherheit­srat die Verlängeru­ng der Sanktionsa­ufhebung (jener Sanktionen, die wegen des Atomprogra­mms verhängt wurden) blockieren. Das würde den JCPOA wohl zu Fall bringen, selbst wenn alle anderen Vertragspa­rtner dagegen wären. Das sind die EU, Deutschlan­d, Großbritan­nien, Frankreich, Russland und China.

Trump hatte im Wahlkampf versproche­n, den Deal „zu zerreißen“, und niemand ist sich sicher, dass er das nicht noch tut. Im Vor- feld des Zweijahres­tags der Unterzeich­nung – die Umsetzung begann erst im Jänner 2016 – häuften sich die Spekulatio­nen, ob der US-Präsident zu drastische­n Schritten bereit ist. Einen Monat zuvor hatte Außenminis­ter Rex Tillerson gesagt, die US-Politik gegenüber dem Iran sei noch „in Entwicklun­g“, die USA unterstütz­ten jedoch jene Kräfte, die zur „friedliche­n Ablöse“des iranischen Regimes führen könnten.

Das heißt, die USA honorieren nicht, dass im Mai im Iran mit Hassan Rohani ein Präsident wiedergewä­hlt wurde, der sich der Reform verschrieb­en hat, wenn- gleich innerhalb des Systems der Islamische­n Republik. Für die iranischen Hardliner und Atomdealge­gner ist das ein Geschenk.

Dass Trump den Atomdeal auf dem Altar seiner Anti-Iran-Politik opfern könnte, findet jedoch internatio­nal, aber auch in seinem Kabinett wenig Anhänger. Was immer man über den Iran sagt: Der aktuelle Wert des Atomdeals für die nukleare Nonprolife­ration, die Nichtverbr­eitung von Atomwaffen, wird von kaum jemandem bestritten. Richtig ist jedoch auch, dass die strikte Beschneidu­ng der iranischen Urananreic­herung nur auf eine beschränkt­e Zeit gilt.

Dass Trump versucht, seine neuerliche Absegnung des Deals mit Härte zu kombiniere­n, hat wohl auch damit zu tun, dass seine golfarabis­chen Partner über die unklare Linie der USA in der Katar-Krise unglücklic­h sind. Zwar kommen von Trump selbst immer wieder Äußerungen, die den „saudischen Block“in seiner Isolation Katars unterstütz­en. Die US-Politik, namentlich Tillerson, versucht jedoch zu vermitteln. Katars gute Beziehunge­n zum Iran sind ein Hauptgrund für den Bruch, den Saudi-Arabien, die Emirate (VAE), Bahrain und Ägypten vollzogen haben.

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Mohammed Javad Zarif war in New York bei der Uno (im Hintergrun­d Generalsek­retär Antonio Guterres), als US-Präsident Donald Trump neue US-Sanktionen gegen den Iran verhängen ließ.

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