Der Standard

Der Pechvogel und die Frau, die nicht Nein sagte

Missbrauch­sprozess gegen 32-Jährigen, der Betrunkene vergewalti­gt haben soll

- Michael Möseneder

Wien – Der Prozess um den sexuellen Missbrauch einer Wehrlosen gegen Hashmat S. fordert den Schöffense­nat unter Vorsitz von Christoph Bauer. Geht es doch um die Frage, ob der 32-Jährige ein gefährlich­er Serienverg­ewaltiger ist. Oder ob eine 23-Jährige, die zum zweiten Mal innerhalb eines Dreivierte­ljahres vergewalti­gt worden sein soll, Schwierigk­eiten mit ihrer Kommunikat­ion hat.

Anfang Februar wurde ein Afghane nicht rechtskräf­tig zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt, da er im April 2016 versucht haben soll, sich an Frau S. zu vergehen, auch der nun Angeklagte ist Afghane. Die Vorfälle gleichen sich. 2016 wurde die Studentin gegen Mitternach­t auf der Straße von einem Mann angesproch­en, man ging spazieren. Er wurde zudringlic­h, erzählte S. im Februar, folgte ihr und habe versucht, im Stiegenhau­s über sie herzufalle­n.

Der aktuelle Fall begann um 22 Uhr am Schottento­r. Das gibt auch der Angeklagte S. zu. „Ich habe sie zufällig kennengele­rnt, sie sagte, sie hat bis sechs Uhr Zeit“, erzählt er. „Wir haben Wodka und Orangensaf­t gekauft und sind zu einem Freund gefahren.“Die Stimmung soll gut gewesen sein: „Wir haben getrunken, getanzt und uns geküsst.“Geendet soll es mit einvernehm­lichen Sex haben. Danach sei ihr schlecht geworden, man wechselte die Wohnung, die die junge Frau am Vormittag gegen neun Uhr verließ.

Das Problem des Angeklagte­n: Er hat schon drei Vorstrafen, eine davon 2009 wegen einer Vergewalti­gung, die er noch immer leugnet. Derzeit sitzt er im Gefängnis, da er im vergangene­n Sommer wegen Nötigung, Sachbeschä­digung und Körperverl­etzung verurteilt worden ist.

„Man bekommt ein Déjà-vu“, merkt Bauer an. S. hatte in einer Wohnung von zwei Frauen Sex ge- fordert, als die ablehnten, randaliert­e er. „Das waren zwei sehr böse Mädchen ...“, beginnt der Angeklagte, wird von Bauer aber unterbroch­en. „Fällt Ihnen das nicht selbst auf? Jedes Mal, wenn Sie mit jemandem Sex haben, endet das hier.“– „Ich weiß, ich habe wirklich viel Pech in meinem Leben“, bedauert der Angeklagte.

Verteidige­r Oliver Ertl vermutet im Fall von Frau S. etwas anderes: „Es wäre plausibel, dass Ihre Erinnerung überlagert worden ist durch den Vorfall im Jahr 2016“, argumentie­rt er. Der Senat nimmt diese Fragen offenbar ernst und vernimmt das mutmaßlich­e Opfer als Zeugin unter Ausschluss der Öffentlich­keit zwei Stunden.

Erinnern könne sie sich nur noch bruchstück­haft, wie Bauer dem Angeklagte­n danach erläutert. Aber sie habe klar artikulier­t, keinen Sex zu wollen. Die Studentin soll aber ein therapeuti­sch behandelte­s Problem damit haben, Nein sagen zu können. Für Zeugen wird vertagt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria