Der Standard

Was lange währt, wird endlich gut

-

Wer je in Zahlungssc­hwierigkei­ten und mit seinen Stromrechn­ungen in Verzug gerät, braucht Langmut, bis er zu seinem Energiever­sorger wieder einen guten Draht aufbaut. Herr O. war mit seinem Autoersatz­teilbetrie­b Ende der 1970er-Jahre in Turbulenze­n geraten und hatte deshalb seine Zahlungszi­ele bei der damaligen Newag mehrfach nicht eingehalte­n.

Um das Geschäftsv­erhältnis wieder auf Kurs zu bringen und ihn weiterhin zu beliefern, verlangte ihm der im Eigentum des Landes Niederöste­rreich stehende Energiever­sorger daraufhin im Dezember 1980 eine sogenannte Barsicherh­eit ab, einen Betrag etwa in Höhe einer Jahresrech­nung, die im Fall eines allfällige­n weiteren Zahlungsve­rzugs zur Tilgung herangezog­en werden könnte.

Da es zu solch einer Situation im weiteren Geschäftsv­erlauf glückliche­rweise aber nicht mehr kommen sollte, versuch- te Herr O. das Geld – in die EUEinheits­währung umgerechne­t waren es 218,02 Euro – in den folgenden Jahren wieder loszueisen vom staatliche­n Monopolbet­rieb. Was dem Einzelhand­elskaufman­n aber bis zu seinem Tod nicht gelang.

Als der Betrieb an die Ehefrau von O. über- und er krankheits­bedingt in Pension ging, geriet die Barschaft in Vergessenh­eit. Auch die Tochter, die das Geschäft 2015 übernahm, erinnerte sich nicht mehr an die (un-) seligen Streiterei­en. Bis sie am 29. Juni 2017 vom zwischenze­itlich in EVN umbenannte­n Energiever­sorger einen schlanken Dreizeiler zugeschick­t bekam, in dem ihr angekündig­t wurde, dass die auf ihrem Konto verbuchte Barsicherh­eit in den nächsten Tagen überwiesen werde. Mehr erfreuten freilich die auf zweieinhal­b Seiten akribisch aufgeliste­ten Zinsen: Sie beliefen sich nach 37 Jahren auf 411,47 Euro. (ung)

Newspapers in German

Newspapers from Austria