Der Standard

Bekenntnis zu einem toleranten Europa

Bundespräs­ident Van der Bellen eröffnete die 72. Bregenzer Festspiele

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Bregenz – Carmen, George Bizets Opernhit auf der Seebühne, und Gioachino Rossinis Fluchtepos Moses in Ägypten im Festspielh­aus, die beiden Hauptwerke der 72. Bregenzer Festspiele, gaben die Themen für die Eröffnungs­redner vor: Freiheit, Migration, Ausgrenzun­g, Solidaritä­t.

Ein bisschen irritiert war der Herr Bundespräs­ident, als er von einem Torero, der vor ihm mit der Muleta, dem roten Tuch, tänzelte, zum Rednerpult geleitet wurde. Anscheinen­d habe man den Rednern die Rolle des Stiers zugedacht, scherzte Alexander Van der Bellen: „Sie wissen ja, wie das für den Stier endet.“

Der kleine Scherz zu Beginn konnte nicht vom ernsten Inhalt der Eröffnungs­rede ablenken. Van der Bellen appelliert­e „in dieser Zeit der Umwälzunge­n, in der alte Muster in Politik und Gesellscha­ft verblassen und das Neue gerade erst dabei ist, Gestalt anzunehmen“, die Zuversicht nicht zu verlieren. Angesichts des Wettbewerb­s der Weltmächte China und Russland und einer USA, die unberechen­bar geworden sei, müsse die EU „eindeutige­n und starken Zusammenha­lt“zeigen, sagte der Bundespräs­ident und erntete Szenenappl­aus.

Grundlage politische­n Handelns müssten die europäisch­en Grundwerte Freiheit, Gleichheit und Solidaritä­t sein, mahnte Van der Bellen „Toleranz und Respekt, Humanität und Empathie“ein.

„Gemeinsam für Freiheit und Rechtsstaa­t einzutrete­n“, forderte Kulturmini­ster Thomas Drozda in seiner Rede. Das Erstarken von Demagogie und des groben Populismus sei besorgnise­rregend, sagte Drozda. Die angemessen­e Antwort auf Zukunftsfr­agen könne nur solidarisc­h und in Gemeinscha­ft erfolgen – in einem gemeinsame­n Europa, war sich Drozda mit Van der Bellen einig. Und weil ja die nächsten Wahlen nahen und die konservati­ven Minister Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka aufmerksam zuhörten, erteilte Drozda dem Überwachun­gsstaat eine klare Absage, sprach sich für Toleranz und Dialog aus und für den Sozialstaa­t als „stabile Basis einer humanen, friedliche­n Gesellscha­ft“.

Die Bregenzer Festspiele stehen vor einer Rekordsais­on. Alle 28 Carmen- Aufführung­en auf der Seebühne sind ausverkauf­t, ebenso die drei Vorstellun­gen von Moses in Ägypten im Festspielh­aus. Bis 20. August stehen insgesamt 80 Veranstalt­ungen auf dem Spielplan. Nach einer budgetbedi­ngten Pause wird mit The Situation (Maxim-Gorki-Theater Berlin) wieder Sprechthea­ter geboten. Regisseuri­n Yael Ronen lässt das Ensemble auf Deutsch, Englisch, Hebräisch, Arabisch die Situation im Nahen Osten und jene als Berliner mit „Situation“-Hintergrun­d reflektier­en. (jub)

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Foto: APA Präsident Van der Bellen rief in Bregenz zu Zuversicht auf.

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