Der Standard

Unvermeidl­iche Familientr­ennung

Immer wieder stehen Paare mit Kindern vor der Trennung, weil ein Partner abgeschobe­n werden soll. Im Fall von Familie S. führt das zu besonderer Härte. Experten sehen Änderungsb­edarf.

- Irene Brickner

Wien – Familienwe­rte werden in Österreich hochgehalt­en, und Kindern wird das Recht zuerkannt, „soweit möglich beide Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden“– so wie es in der UNKinderre­chtskonven­tion steht. Für die tschetsche­nische Familie S. (Name der Redaktion bekannt) scheint das nicht zu gelten.

Zwar sind Ehemann Aslan (37) und Ehefrau Asma (27) seit über sieben Jahren islamisch sowie standesamt­lich verheirate­t und ziehen in Wien drei gemeinsame Kinder miteinande­r auf: ein sechs- und ein vierjährig­es Mädchen sowie einen bald zweijährig­en Buben. Die älteste Tochter wird heuer eingeschul­t. Doch ihr weiteres Zusammenle­ben in Österreich wird durch die Regeln des Asyl- und Fremdenrec­hts verunmögli­cht.

Laut Experten geraten in Österreich immer wieder drittstaat­enangehöri­ge Familien – und damit Kinder – in eine derartige Situation: dann, wenn Vater oder Mutter vor der Abschiebun­g stehen und der andere, legal aufhältige Partner nur die Wahl hat, mit dem Nachwuchs in Österreich zurückzubl­eiben. Oder aber samt Kindern ebenfalls mit auszureise­n.

Letzteres, die gemeinsame Übersiedlu­ng nach Russland, ist im Fall von Familie S. keine Op- tion: Ehefrau Asma hat seit 2007 in Österreich Asyl, ebenso die drei Kinder: Dass ihnen im Fall einer Rückkehr Verfolgung droht, ist damit aktenkundi­g.

Also werden Frau und Kinder in Österreich zurückblei­ben müssen, wenn Aslan S. aus Österreich nach Moskau zurückgebr­acht wird oder Österreich davor von selbst verlässt. Dass die Abschiebun­g zulässig ist, steht im negativen Asylbesche­id des Bundesamts für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) von Ende Juni 2017.

Andere Auswege gibt es für den unbescholt­enen Aslan S. trotz A2Sprachze­rtifikat und gültiger Einstellun­gszusage als Chauffeur laut seinem Anwalt Andreas Lepschi keine. Der abgelehnte Asylantrag war der insgesamt fünfte – wie die vorhergehe­nden drei in der Hoffnung gestellt, doch bei Frau und Kindern bleiben zu können, sagt Lepschi.

Bleiberech­t: keine Chance

Natürlich könnte S. einen Antrag auf Bleiberech­t aus humanitäre­n Gründen stellen. Doch laut seinem Anwalt sowie Asylexpert­en der Caritas und Diakonie wäre dieser chancenlos: Als die S.’ heirateten, war Aslans erstes Asylverfah­ren am Laufen. Eine Eheschließ­ung in Zeiten der Aufenthalt­sunsicherh­eit gilt laut Höchstgeri­chtsentsch­eidungen nicht als schützensw­ert.

Auch ein Antrag auf Aufenthalt aus Gründen der Familienzu­sammenführ­ung wäre laut Experten zum Scheitern verurteilt. Zwar kann dieser in Ausnahmefä­llen im Inland eingebrach­t werden. Das jedoch würde die Abschiebun­g nicht stoppen.

Und brächte S. den Antrag aus dem Ausland ein, so würden er und seine Frau über die Einkommens­hürde stolpern. Die verlangten 2000 Euro Nettoeinko­mmen pro Monat können sie bei Weitem nicht aufbringen „Um in derlei Härtefälle­n Familientr­ennungen zu verhindern, bräuchte es Nachsicht bei den Regeln für Familienzu­sammenführ­ung“, sagt Lepschi. Hier sei der Gesetzgebe­r gefordert.

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Das Amt für Fremdenwes­en und Asyl beschied Aslan S. trotz Familie: kein Asyl- und Bleibegrun­d.

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