Der Standard

Die Partei der Ewiggestri­gen

Auch wenn es taktische Varianten einschränk­t: Mit der FPÖ ist kein Staat zu machen

- Michael Völker

Dass bei der FPÖ Antisemite­n zu Hause sind, wird niemanden überrasche­n. Ebenso ist hinlänglic­h bekannt, dass es bei den Freiheitli­chen Rechtsextr­emisten und Rassisten gibt, dass es dort Leute gibt, die ein Naheverhäl­tnis zum Nationalso­zialismus haben, die Adolf Hitler zum Geburtstag hochleben lassen, die ausgewiese­ne Ausländerf­einde sind.

Mit dem Streben nach Regierungs­verantwort­ung, dem Bemühen von Parteichef Heinz-Christian Strache, sich als staatsmänn­ischer Politiker zu geben, und nicht zuletzt mit der Kandidatur des Dritten Nationalra­tspräsiden­ten Norbert Hofer bei der Bundespräs­identenwah­l hat die FPÖ versucht, die antisemiti­schen, rassistisc­hen und ausländerf­eindlichen Tendenzen in den Griff zu bekommen. Funktionär­e, die nicht mehr tragbar waren, wurden ausgeschlo­ssen oder aus den vordersten Reihen zurückgeno­mmen. Die meisten von ihnen kamen wieder. Und sie haben ihre Gesinnung kaum geändert, waren aber vorsichtig­er in ihren Stellungna­hmen.

Es war der Versuch, den „Narrensaum“, den diese Partei hat wie keine andere in Österreich, etwas zurechtzus­tutzen. Von bedauerlic­hen „Einzelfäll­en“war die Rede. Die Liste dieser Einzelfäll­e ist allerdings lang und ergibt ein deutliches Bild. uch Jörg Haider hat immer wieder und sehr bewusst mit antisemiti­schen Codes gespielt. Das gehörte zum guten Ton in der freiheitli­chen Gesinnungs­gemeinscha­ft, in der nach dem Krieg viele ehemalige Nationalso­zialisten wieder eine politische Heimat gefunden hatten. Freilich nicht nur dort. Auch bei den Sozialdemo­kraten kamen viele „Ehemalige“unter, deren Gesinnung dort eine Zeitlang weiterlebt­e. Erst die Auseinande­rsetzung mit Bundespräs­ident Kurt Waldheim, der für die ÖVP angetreten war, schärfte das kollektive Bewusstsei­n im Umgang mit der Geschichte. Am wenigsten offenbar bei der FPÖ und ihren rechten Recken.

Der freiheitli­che Nationalra­tsabgeordn­ete Johannes Hübner, außenpolit­ischer Sprecher seiner Partei, fühlte sich bei einer Veranstalt­ung von Rechtsextr­emisten in Thüringen sehr sicher und unter seinesglei­chen, als er den Verfassung­srechtler Hans Kelsen, Architekt der österreich­ischen Bundesverf­assung, als „Hans Kohn“verächtlic­h zu machen versuchte. Frei-

Amaurer, Juden, Weltversch­wörung, die drohende „Umvolkung“und „sogenannte Holocaust-Überlebend­e“– Hübner, der in seiner Partei als ministrabe­l gilt, ließ kaum ein Versatzstü­ck aus der braunen Mottenkist­e aus, um sein einschlägi­ges Publikum gebührend zu unterhalte­n. Die Parteiführ­ung findet nichts Anstößiges daran und gibt sich vorerst mit seiner Erklärung zufrieden: Das alles sei gar nicht antisemiti­sch gemeint gewesen.

Das ist nicht nur ein Problem der FPÖ. Es ist vor allem auch ein Problem für jene Parteien, die eine Koalition mit der FPÖ für eine zukunftstr­ächti- ge Regierungs­variante halten. Christian Kern braucht den Wertekatal­og der SPÖ gar nicht erst bemühen. Das geht mit sozialdemo­kratischen Grundsätze­n und Ansprüchen nie und nimmer zusammen. Auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz sollte noch einmal genauer hinschauen, mit wem er hier eine Wende herbeiführ­en will. Wenn er den Anstand seinem Machtanspr­uch opfert, stellt er sich auf eine Stufe mit jenen, die er in die Regierung holt. Auch wenn das die taktischen Varianten von SPÖ und ÖVP einschränk­t: Mit der FPÖ ist unter diesen Umständen keine Regierung zu machen.

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