Der Standard

Pfadfinder und Journalist­en

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Im Französisc­hen gibt es die menschenfr­eundliche Redewendun­g „Il faut de tout pour faire un monde“, was sich vielleicht mit „Man braucht die ganze Vielfalt, um eine Welt zu erschaffen“übersetzen ließe. Eine Welt, in der es nur Zuckerbäck­er gäbe, wäre öde. Wir brauchen auch Ärzte, Installate­ure, Gärtner, Erzieher, Journalist­en, Pfadfinder­führer („Jeden Tag eine gute Tat!“) und viele andere mehr.

Die deutsche Otto-BrennerSti­ftung hat soeben die Ergebnisse einer Riesenstud­ie publiziert. Untersucht wurden 35.000 Artikel, die sich 2015/16 mit der „Flüchtling­skrise“beschäftig­ten, viele davon in Leitmedien wie SZ, FAZ und Welt. Die Dysfunktio­nalitäten, die die Studienaut­oren orteten, fügen sich zu einem Cinemascop­ebild des Versagens: Journalist­en, die ihre Berufsroll­e verkannten, sich bedingungs­los hinter die Politik Angela Merkels stellten, abweichend­e Standpunkt­e diffamiert­en, geschlosse­ne Kommunikat­ionsräume schufen und, so das Resümee der Zeit, einen „polarisier­enden und desintegra­tiven Prozess massiv gefördert“hätten.

Das Nachdenken darüber, wie es zu diesem lauterkeit­sgetrieben­en Exzess an Konformism­us kommen konnte, hat seit langem begonnen und erfährt durch diese Studie hoffentlic­h neue Nahrung. Journalist­en, die korrekt berichten und kommentier­en, sind gut genug. Wer zudem noch moralisch gut sein will: Auch Pfadfinder­führer werden in dieser Welt immer gebraucht.

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