Kein altvaterisches Geschwafel
Van der Bellen setzt auch als Präsident auf die EU
Der Wahlsieg von Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl war der größte Erfolg der Grünen, zugleich markierte er aber auch die Wende zu deren Abwärtstrend. Als Staatsoberhaupt bewahrt der ehemalige Grünen-Chef Distanz, zuletzt hatte er sich kritisch über die Mechanismen der unberechenbaren Basisdemokratie bei den Grünen geäußert.
Am Mittwoch ist Van der Bellen ein halbes Jahr im Amt. In dieser Zeit hat er vor allem jenes Thema forciert, das wesentlich zu seinem Wahlsieg im Dezember beigetragen hatte: die Europapolitik. Mit Ausnahme Liechtensteins hat er mittlerweile alle Nachbarländer Österreichs besucht. Selbst Ungarn und Tschechien hätten ihm dabei einen „herzlichen Emp- fang“bereitet. Seine erste Reise war freilich ein „Hausbesuch“, weil er die EU nicht als Ausland ansieht. Nach einem Besuch in Brüssel hielt er im Straßburger Europaparlament eine vielbeachtete Rede. „Unser aller Zukunft ist direkt mit der zukünftigen Rolle Europas in der Welt verbunden“, sagte er unter Beifall der Abgeordneten. „Es ist kein gutes Geschäft, wenn wir die Macht unserer großen europäischen Gemeinschaft gegen die viel kleinere Macht der vermeintlichen nationalen Souveränität eintauschen.“
Van der Bellen zeigte sich selbst überrascht über die positive Aufnahme der Rede. „Weil ich im Vorfeld besorgt war, ich trage zu viele Eulen nach Athen.“Doch es habe sich gezeigt, dass man in der EU statt technischer Details „hin und wieder diese Mischung aus Gefühl, Emotion, Vision und Erinnerung an die einfachen Dinge“brauche. Van der Bellen ist überzeugt, dass die Zukunft der europäischen Zusammenarbeit gehört. „Da vertraue ich auf die Jugend, die sich diesen Freiheitsraum nicht stehlen lassen will durch altvaterisches Geschwafel.“(red)