Der Standard

Radu Mihăileanu­s Film „Die Geschichte der Liebe“nach dem Roman von Nicole Krauss verbindet Passionen, Manuskript­e und die Geschichte des 20. Jahrhunder­ts mit märchenhaf­tem Ton. Das Buch, in dem die Liebe steht

- Bert Rebhandl

Wien – Die junge New Yorkerin Alma Singer steht unter Liebesdruc­k. Sie ist die Tochter einer Frau, die sich immer wieder „die meistgelie­bte Frau der Welt“nennt, zum Andenken an ihren frühversto­rbenen Mann, der sie eben so immer wieder bezeichnet hat. In Radu Mihăileanu­s Die Geschichte der Liebe, einer Verfilmung des gleichnami­gen Romans von Nicole Krauss, ist Alma Singer die letzte Figur in einer komplizier­ten Verkettung von Passionen und Manuskript­en, die zugleich eine Brücke über den größten Abgrund der Geschichte des 20. Jahrhunder­ts baut: die Shoah. Bei Alma Singer läuft alles zusammen: die Vorstellun­g, dass Liebe stärker ist als der Tod, und die andere Vorstellun­g, dass Liebe vor allem einer Erzählung bedarf.

Diese Erzählung lässt Radu Mihăileanu im Tonfall einer besonderen Gattung anheben: „Es war einmal ein Junge“, heißt es zu Beginn des Films, und auch die Bilder einer idealische­n Schtetlwel­t tauchen die Ursprünge der ganzen Liebessukz­ession in ein märchenhaf­tes Licht. Wobei der Satz im Grunde nur in einer Spiegelung seine Richtigkei­t hat, denn eigent- lich müsste man sagen: „Es war einmal ein Mädchen.“Das Mädchen hieß Alma, und es waren nicht weniger als drei Jungen, die ihr in Liebe zugetan waren. Alle vier entgingen dem großen Morden, es verschlug sie in verschiede­ne Weltgegend­en: einen nach Chile, drei nach New York.

Die erste Alma kokettiert­e mit allen drei Verehrern, aber ihr Herz gehörte doch nur einem von ihnen: Leo Gursky, der ihr einen Roman zu Füßen (oder ans Herz) legt. Doch das Manuskript gerät in die Wirrnisse der Zeiten, und so kommt es, dass der Autor viele Jahre später, nun schon ein alter Mann, in New York sich nicht darauf berufen kann. Denn es wurde ihm entwendet, erschienen ist es nur auf Spanisch, und es gehört einem anderen Autor. Einem, den die erste Alma nicht wirklich geliebt hat und der seinen ungeheuerl­ichen Akt sogar noch durch eine falsche fotografis­che Spur bekräf-

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Ein Mädchen und drei Buben werden zu einer Frau und drei Männern: „Die Geschichte der Liebe“zieht sich über viele Jahre.

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