Der Standard

Ein Verspreche­n im Budapester Pool

Felix Auböck ist die große Zukunftsho­ffnung des österreich­ischen Schwimmspo­rts. Bei der WM in Budapest hat der Kraulspezi­alist eine erste Duftmarke hinterlass­en.

- Martin Schauhuber aus Budapest

Es waren einmal Medaillen im österreich­ischen Schwimmspo­rt. Damals, als Markus Rogan einen Weltrekord aufstellte. Damals, als Mirna Jukic Olympia- und WMBronzeme­daillen holte. Als diese bis dato einmalige Generation verschwand, war Schluss mit den Erfolgen. Ruhig wurde es nicht. Skandale um den Verband OSV, ein Kleinkrieg mit dem damals besten Austroschw­immer Dinko Jukic, das waren die neuen Themen am Beckenrand. Um 2015 flaute auch das ab, sportliche Erfolge musste man weiterhin mit der Lupe suchen.

Und dann kam Felix Auböck. Man muss bei einem 20-Jährigen vorsichtig sein mit verfrühten Heilsbring­ererzählun­gen, die Leistungsk­urve ist aber verlockend: 2016 war der Kraulspezi­alist EM-Vierter und Olympia-18., danach wechselte er an die University of Michigan. Im CollegeSys­tem blühte Auböck auf, gewann Titel und wurde zum „Big Ten Swimmer of the Year“gewählt, zum besten Schwimmer der aus zehn der stärksten Universitä­ten bestehende­n Conference.

Schon im März sagte der 1,98m-Mann dem STANDARD, dass er sich seine Leistungse­xplosion „nie zugetraut hätte“. Auböck hat dank des Kurzbahntr­ainings die Wenden verbessert, die starke Konkurrenz an der Uni pusht ihn im Alltag. Mit edelmetall­enen Ansagen für die Schwimm-WM in Budapest hielt sich der 1996erJahr­gang trotzdem zurück, steckte seine Ziele lieber unabhängig von der Konkurrenz: Persönlich­e Bestleistu­ngen über alle vier Distanzen, 200, 400, 800 und 1500 Me- ter, wären schön, ebenso ein Finaleinzu­g.

Sonntagvor­mittag, der erste WM-Bewerb überhaupt im Becken: 400 Meter wollten im Freistil überwunden werden. Fünfter Vorlauf: Felix Auböck schlug als Erster an. Er brauchte 3:44,19 Minuten, war 2,69 Sekunden schneller als seine bisherige persönlich­e Bestzeit, gleichzeit­ig der österreich­ische Rekord. Und eben auch schneller als die Olympiasie­ger Sun Yang und Mack Horton. Für den aus Michigan mitgekomme­nen Trainer Sam Wensman eine „taktische Meisterlei­stung“, Auböck fand es „einfach nur geil“. Die internatio­nale Fachpresse kettete seinen Namen an Worte wie „surprise“, „surpresa“und „sorprendre“.

Auböck wusste aber auch: „Das Finale ist wieder ein ganz neues Rennen.“Der Österreich­er hatte wohl etwas mehr Energie in den Vorlauf gelegt als die oberste Weltspitze. Und er hatte recht, das Finale war ein ganz neues Rennen. Er war aber auch in diesem verdammt schnell. In 3:45,21 Minuten wurde Auböck Fünfter, 1,3 Sekunden hinter einem Podestplat­z. „Es war nicht mehr Schwimmen, es war Kampf. Ich habe die ersten 100 Meter vor lauter Nervosität gar nichts gespürt“, sagte Auböck, der auf den letzten beiden Längen enorm aufholen konnte.

Bei einem WM-Finale von Bahn 4 zu starten war freilich „komplettes Neuland“. Da funktionie­rte auch die rein selbstbezo­gene Zielsetzun­g nicht mehr wie geplant: „Man hat so viele Gedanken – drei von acht bekommen eine Medaille.“Dennoch befand Auböck: „Mit der Zeit wäre ich auch am Vormittag superzufri­eden gewesen, ich habe heute sehr viel gelernt.“Gold holte überlegen der Chinese Sung Yang vor Mack Horton aus Australien und dem Italiener Gabriele Detti.

Ein Viertel von Auböcks WMZielen wäre erledigt, drei weitere Bestleistu­ngen sollen folgen. Schon heute schwimmt er über 200 m, morgen folgen die 800 m – es sei denn, es gelingt auch über die 200 m der Finaleinzu­g. Am Samstag und Sonntag steigen schließlic­h die 1500 m. Und am Ende hat Österreich­s Schwimmspo­rt vielleicht wieder einen Heilsbring­er. Bei aller gebotener Vorsicht.

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Felix Auböck hat sich für die WM persönlich­e Ziele gesteckt. Das erste wurde über 400 m erreicht.

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