Der Standard

Männerdomä­ne Kind

- Michael Wurmitzer

Das österreich­ische Kinderfern­sehen scheint eine Männerdomä­ne zu sein. Zumindest wenn es etwas auf sich hält und Inhalte selbst produziert. Zwar fällt das nicht auf, wenn, wie am Samstag gesehen, zwei Mädchen in pinken Kleidern nun, da die Mützensais­on vorbei ist, ihren Haaren „freien Lauf“lassen und Frisiertip­ps geben.

Aber der Eindruck packt einen, wenn man hinter den sichtbaren Bereich des Glotzenbil­des schaut. Als jüngsten Gottvater des Sprössling­s-ORF darf man dann wohl Thomas Brezina (Tom Turbo, Rätselburg, Trickfabri­k ...) ausmachen. Dessen Vorgänger heißt Arminio Rothstein und hätte am Dienstag den 90. Geburtstag gefeiert.

Das Wochenendv­ormittagsp­rogramm von ORF 1 zeugt neben Brezinas immer noch auch von Rothsteins Einfluss: Der in der eigenen Kindheit ambivalent aufgenomme­ne Kas- perl und das besserwiss­erische Verkehrser­zieher-Ei Helmi sind Kreationen des 1994 verstorben­en Clowns und Puppisten.

Andere dieser Figuren haben sich kürzer gehalten. Etwa der zum Alkoholism­us neigende Zwerg Bumsti und seine ihn darob nicht mehr umsorgen wollende angetraute Maus. Progressiv waren die 1970er in Hinsicht darauf, was sie Kindern ebenso in der Literatur zutrauten. Aber das war zu viel.

Das bunte Leben des Clown Habakuk heißt die Doku, mit der der heutige Kulturmont­ag (23.15 Uhr) dessen Erfinder würdigt. Und dazu als nonkonform­en Werklehrer, Schürzenjä­ger und mitunter Wütenden vorstellt – wenn er seine künstleris­che Welt bedroht sah.

Die Kraft der Fantasie kennengele­rnt hat er übrigens tragisch, als er – Sohn eines Juden und einer Arierin – sich jahrelang in einem Wiener Keller vor den Nazis verstecken musste. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria