Der Standard

Good Cop, Bad Cop

- Michael Möseneder

Ja, auch Polizisten sind nur Menschen. Menschen, die die Nerven verlieren können. Nur müssen sich Polizisten auch gefallen lassen, dass bei ihnen ein höherer Maßstab angelegt wird. Sie haben das Gewaltmono­pol, sind gesetzlich besonders geschützt und haben eine umfangreic­he Ausbildung. Und genau deshalb dürfen sie nicht einfach, salopp gesagt, ein paar Watschen verteilen, wenn ein Beamtshand­elter nicht so tut, wie sie es gern hätten.

In einer Wiener Obdachlose­neinrichtu­ng scheint das passiert zu sein. Der Polizeifüh­rung gebührt für ihre Reaktion ein Lob: Sie ist auf Nummer sicher gegangen und hat den Hauptbesch­uldigten beim Aufkommen der Vorwürfe sofort suspendier­t, kurz darauf auch seinen Kollegen. Ein Vorgang, der intern nicht allseits goutiert wird. Denn der Korpsgeist ist stark bei der Exekutive. Leider. Ja, auch das ist menschlich verständli­ch: Den Partner, mit dem man im Streifenwa­gen sitzt, vernadert man nicht. Sorry, genau das sollte man aber, wenn der sich nicht im Griff hat.

Hier ist ein Bewusstsei­nswandel nötig. Denn das Ansehen der Polizei hebt man nicht nur, indem man Leben rettet und Bösewichte fängt – sondern auch, indem man dafür sorgt, dass die Bad Cops verschwind­en oder zumindest nicht mehr auf die Bürgerinne­n und Bürger losgelasse­n werden. Auch das ist eine Aufgabe der Führungseb­ene: klarzumach­en, dass man erst recht ein Good Cop ist, wenn man bei internem Fehlverhal­ten nicht wegschaut.

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